Handytarife – oder wie man hierzulande gezielt am Bedarf vorbei plant

Ich muss mir mal kurz den Frust von der Seele schreiben. Es geht um das Dauerthema Handytarife und wie unsere lieben Provider völlig planlos und idiotisch am tatsächlichen Bedarf vorbei werkeln. Aktuell bin ich auf der Suche nach einem neuen, passenden Tarif für mich, der meinem tatsächlichen Bedarf entspricht. Und damit begibt man sich direkt in die Höhle des deutschen Tarif-Idiotismus.

 

Trotz meines Technikspleens bin ich im Endeffekt ein ganz normaler Verbraucher, der gerne mit dem Handy telefoniert, surft oder eben diverse Apps nutzt. Im Moment bin ich bei Congstar in einem uralten 9-Cent Flex Tarif. Dort zahle ich pro Minute und SMS 9 Cent. Dazu noch 1 GB Traffic und eine Communityflat, da meine Tochter auch bei Congstar ist und wir so untereinander kostenlos telefonieren können. Nach Durchsicht meiner Rechnungen der letzten 12 Monate kostet mich das im Schnitt 43 €, da ich sehr oft Traffic zu je 4,99 € nachbuchen muss und suche daher folgendes:

  • Telefonflat oder mindestens 200 Freiminuten in alle Netze
  • mindestens 3GB Datenflat mit LTE
  • Im Telekom Netz
  • SMS sind unwichtig

Also durchaus überschaubar das ganze und da es nicht so viele Anbieter im Netz der Telekom gibt, sollte die Suche schnell beendet sein. Denkste.

Ich suche also auf diversen Internetseiten mit Tarifvergleichen und direkt auf den Homepages der Anbieter nach für mich passenden Tarifen. Herr im Himmel, was für ein Chaos. Da blickt doch keine Sau mehr durch. Ist vielleicht so wie bei IKEA, wo sich ganze Abteilungen irgendwelche abstrusen Namen für den ganzen Krimskrams einfallen lassen. Je Bekloppter, desto gut. Aber mehr noch. Es gibt derart viele Optionen und Kombinationen, dass man innerhalb weniger Sekunden den totalen Frust schiebt. Was ich suche, scheint es absolut nicht zu geben. Also weite ich meine Suche auf die übrigen drei „großen“ aus. Irgendwer muss doch sowas haben. Ich wohne mitten im Rhein-Main Gebiet, also dürfte der Netzausbau und damit Funklöcher kein Thema sein. Aber auch bei den anderen drei mit ihren gefühlt 6 Millionen Ableger und Drittanbieter ist nix zu finden.

Das beste ist aber diese neue sog. Datenautomatik. Ist mein Traffic verbraucht, buchen mir diverse Anbieter einfach mal 100 MB für 2 € nach und das bis zu dreimal. Ohne mich vorher zu fragen, ob ich will oder nicht. Also bei den Hotlines angerufen und genauer nachgefragt, ob man das auch deaktivieren kann. Solche Anrufe kann man sich getrost sparen oder ich hatte immer die Mitarbeiter des Monats am Hörer. Bei Anbieter A sagt Mitarbeiter X dass das gar kein Problem ist. Plötzlich schaltet sich ein weiterer Mitarbeiter, nennen wir ihn man mal Herr Y, in das Gespräch ein und teilt mir mit, dass Herr X noch neu  ist und noch keinen wirklichen Plan hat. Es geht leider  nicht. Also das mit der Deaktivierung. Ist ein ganz besonderer Service, damit ich weiterhin vollen Speed habe. Hallo….bin ich unmündig, um so etwas selber zu entscheiden? Auf jeden Fall beharken sich jetzt die beiden minutenlang und lesen sich gegenseitig diverse AGBs vor. Ich höre einfach mal zu, lege den Hörer auf Lautsprecher geschaltet zur Seite und warte ab, bis die beiden fertig sind. Am Ende bin ich genauso schlau wie vorher. Zum Glück sind die Kosten für so eine Hotline mittlerweile gedeckelt, sonst hätte ich wortlos aufgelegt.

Also weiter suchen. Irgendwann bin ich dann auf diese völlig bescheuerte Idee gekommen in die Shops zu gehen und mich vor Ort beraten zu lassen. Mittlerweile weiß ich ja um das Chaos bei den bereits vorhandenen Tarifen und denen, die demnächst kommen sollen. Kein Wunder, dass da selbst die eigenen Mitarbeiter in den Shops keinen Plan haben und so kam es, wie es kommen musste. Bis auf Base wollten mich alle zu einem 2-Jahres Vertrag drängen und das obwohl ich ausdrücklich betont habe, dass ich das nicht will. Davon ab, haben die vorgeschlagenen Tarife so gut zu mir gepasst, wie ein Arsch auf Eimer. Tschuldigung, aber anders kann man das nicht mehr ausdrücken. Ein völliger Flop mit teils unfähigen Mitarbeitern, denen Whatspapp oder Facebook wichtiger war als meine Wenigkeit, der gewillt ist  „Kunde“ zu werden.

Gerade bei den mobilen Datenverbindungen hinken wir Deutschen dem Rest der Welt massiv hinterher. Das Ausland lacht sich doch über unsere mickrigen MB zu horrenden Preisen schlapp. Da gibt es die neue schöne Welt des Streamings. Zu Hause mit WLAN eine ganz tolle Sache und so nutze ich Spotify, Netflix und Co. eigentlich permanent. Aber wehe man verlässt die eigenen vier Wände und ist auf die lächerlichen Inklusiv-MB seines Tarifs angewiesen. Hier heißt es sofort alle Maschinen Stopp und bloß nix streamen, sonst ist der heilige Traffic nach wenigen Stunden futsch. Ich habe das erst Anfang August gemerkt, wie schnell das geht, als meine Kinder auf einer 7-stündigen Urlaubsfahrt im Auto mal ein wenig genetflixt und gespotifyt haben. Nach nicht einmal drei Stunden war ein GB weg. Einfach so. Unwiderbringlich. Natürlich Anfang des Monats und noch 27 Tage bis zum Reset. Tolle Show. Also Internetverbindung getrennt und „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit den beiden gespielt. In der heutigen Zeit hat diese Art Zeitvertreib eine Halbwertszeit von wenigen Minuten. Also ging direkt danach das übliche Genöle meiner beiden 6- und 10-jährigen Kinder los. Muss ich euch sicher nicht erzählen, wie entspannt da der Fahrer ist…

Mit Wehmut schaue ich z.B. auf den österreichischen Anbieter A1. Da gibt es einen Tarif mit dem Namen „A1 Go! S SIM Pur“. Damit kann man mal was anfangen oder? Für 14,90 € im Monat bekomme ich da eine Telefon- und SMSflat und sagenhafte 3GB. Für einen Zehner mehr dann schon 6GB, doppelten Speed und 50 SMS und 50 Minuten in alle europäischen Netze. Merkt ihr was? Dafür zahlen wir hier mal locker das doppelte bis dreifache. Wenn es reicht, denn so etwas gibt es ja nicht bei uns. Also suche ich weiter und hoffe auf den Tag, an dem uns die Austrianer annektieren, weil sie erbarmen mit uns haben und uns endlich solche schönen Tafife geben wollen.

Liebe Provider, direkte Ableger und alle anderen Anbieter. Ist es wirklich so schwer folgendes anzubieten?

Einen Basistarif wie man ihn früher kannte:

  • 50 Minuten telefonieren
  • 50 SMS
  • 100 MB

Für sagen wir mal 9,99 € pro Monat als Pre- oder Postpaidangebot. Wer möchte, kann sich zwei Jahre verpflichten und zahlt etwas weniger. Anhänglichkeit soll schließlich belohnt werden.

Wer mehr telefonieren will, mehr simsen oder surfen zahlt dann zusätzlich:

  • 3 € pro 100 Minuten telefonieren
  • 3 € pro 100 SMS
  • 3 € pro 500 MB

Und ganz oben die Super-Duper-Flat:

  • Telefonflat
  • SMS-Flat
  • 10 GB

Für 29,99 € pro Monat. Ohne irgendwelche bescheuerten Automatiken oder andere Fallstricke.

Einfach, transparent und jederzeit umbuchbar. Technisch sicher machbar und ganz sicher auch preislich attraktiv zu gestalten. Ich wette meinen Hintern, dass wir demjenigen die Bude einrennen, der als erstes dieses Tarifmodell anbieten wird.

Und jetzt weiter machen…

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Peter W.

1 Kommentar zu „Handytarife – oder wie man hierzulande gezielt am Bedarf vorbei plant“

  1. Ich denke auch, dass die Tarife einfach nicht kundenorientiert genug sind. Oft sind Services dabei, die man absolut nicht benötigt. Man muss ganz schön lange vergleichen, ehe man einen passenden Tarif findet.
    Beste Grüße,
    Georg

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