BlackBerry Bold 9900 Dauertest: das Finale

So, nach ausführlichem Test des BlackBerry Bold fasse ich meine Erfahrungen für Euch mal kurz zusammen.

Verarbeitung/Optik

Top! Wirklich gut. Nichts knirscht, kleines Spaltmaß, keine lockeren Teil. So stelle ich mir das vor. Die Optik ist schick, unaufdringlich elegant und alles ist da, wo man es haben möchte.  Der Metallrahmen schafft eine edle Optik, das Gewicht fällt auf, aber nicht negativ. Man hat halt richtig was in der Hand.

Von der Rückseite bin ich etwas enttäuscht. Die Rückenplatte in Carbon-Optik sieht edel aus, ich hätte mir aber eine etwas weniger hochglänzende und glatte Oberfläche gewünscht. Ich befürchte, dass das eher weiche Plastik recht kratzempfindlich ist. Vor allem kann man das Gerät nicht mehr auf eine schiefe Ebene legen, ohne dass es abrutscht. Die Gummierung rund um den rückwärtigen Deckel ist zwar gut in der Hand, bringt aber auf dem Tisch schlicht überhaupt nichts. In Bezug auf die Haltbarkeit des Deckels habe ich immer noch Bedenken, bislang hält er aber gut (naja, vier Wochen ist ja auch keine Zeit…)

Über die Größe des Geräts habe ich mich ja schon hier ausgelassen. Allerdings muß ich mein Urteil etwas revidieren: wenn man sich an die Größe gewöhnt hat, passt alles. Das etwas größere Keyboard ist sogar das absolute Glanzstück des Bold 9900. Das bringt mich zum nächsten Thema, dem

Keyboard

Das, was RIM da an sein Smartphone gezaubert hat, ist erste Sahne. Die Tasten bedienen sich leicht und präzise mit sauberem Druckpunkt. Das ist wirklich die beste Handytastatur, die ich bislang bedient habe. Die Größe ist – nach einer Gewöhnungsphase – auch als Umsteiger ideal, wenn auch mir persönlich kleinere Mobiltelefone „lieber“ sind. So langsam geht der Trend ja aber wieder in die Richtung, größere Geräte zu bauen. Egal, bleiben wir beim Bold: die im Vergleich zum alten Bold spürbar größere Tastatur ermöglicht es, sehr schnell und präzise zu tippen. Dafür gibts von mir einen ganz dicken Bonuspunkt.

Akku

Ausgesprochen enttäuscht war ich vom Akku. Ich musste das Smartphone wirklich jeden Tag an die Steckdose stecken. Das ist für mich ein totales No-Go. Mein altes 9700 hält – je nach Nutzung – bis zu vier Tage durch. Das 9900 hält bei vergleichbarer Nutzung nicht mal ganze zwei Tage (und da schwitzt man die letzten Stunden schon, wenn man unterwegs ist). Ich denke, die schlechtere Laufzeit ist unter anderem auf das größere Display zurückzuführen, das jetzt noch dazu als Touch-Display ausgeführt ist. Warum man dann auch noch einen kleineren Akku verbaut (1230 mAh im Vergleich zu 1500 mAh im Bold 9700) ist mir ein absolutes Rätsel. Für mich erscheint das unausgewogen und nicht nachvollziehbar. Wo wir gerade beim

Display

sind… das Display ist klasse: gute Schärfe, super Auflösung, schnelle Reaktion. Sogar Mäusekino macht Spaß: man kann richtig gut Videos anschauen (zumindest von Youtube, die laufen neuerdings sogar im Browser). Warum das Display unbedingt berührungsempfindlich sein musste, war mir zunächst nicht ganz klar. Mit der Zeit habe ich mich aber dran gewöhnt. Man kann damit wirklich Bedienungswege verkürzen. So richtig nötig erscheint mir das aber nach wie vor nicht und ganz konsequent umgesetzt wurde es auch nicht. Hier sollten wir noch auf das eine oder andere Update warten, das eventuell Verbesserungen bringt. Die Stärke des Display ist eindeutig die Textdarstellung, die nicht zu toppen ist. Mails lesen und beantworten macht wirklich Spaß! Der gute Gesamteindruck wird noch verstärkt vom schnellen

Prozessor

Das Herz des Bold 9900 schlägt deutlich schneller, alles wirkt irgendwie flüssiger als auf dem Vorgänger 9700. Das zieht sich quer durch alle Anwendungen und ist sehr angenehm für den Nutzer. Hier auch ein deutlicher Pluspunkt!

Lautsprecher

Die Lautsprecher sind irgendwo „hinten unten“ angebracht, so dass man dazu neigt, diese beim Halten in der Hand zu verdecken. Darunter leidet der Klang merklich. Unterm Strich bin ich von den Lautsprechern nicht begeistert, zumindest dann nicht, wenn man auf „Lauthören“ schaltet. In normalen Telefonaten hat das Handy einen guten und natürlichen Klang.

Das Betriebssystem

Das neue Bold läuft unter dem BlackBerry OS 7, das auf mich insgesamt einen etwas zwiespältigen Eindruck macht. So ganz rund läuft es noch nicht in allen Ecken, die Bedienung ist aber intuitiv und fast durchgängig verständlich. Dass man zwischendurch mal wieder die Kurztasten geändert hat, hatte ich ja schon geschrieben und möchte nochmal betonen, dass ich das nicht gut finde. Irgendwann sollte man mal in einer Produktreihe, die sich optisch recht einheitlich präsentiert, auch eine durchgängige Bedienung haben.

Dazu gehört auch, die endlosen Updateprobleme mal in den Griff zu bekommen. Gestern kam noch spontan ein Update für den Bold 9900. Das habe ich dann als krönenden Abschluss des Tests gleich installieren wollen. Zunächst wurde ich aber darauf hingewiesen, dass das Update nicht möglich sei. Ich müsse zunächst die Desktop Software aktualisieren. Dummerweise wurde mir dafür aber kein Update angezeigt. Im Hintergrund scheint sich aber doch irgendwas aktualisiert zu haben. Jedenfalls wurde beim nächsten Versuch irgendwas installiert. Danach ging auch das Update für das Smartphone. Dauerte alles in allem ca. 30 – 40 Minuten. Jetzt kann man drüber streiten, wie lange sowas dauern darf, mir erscheints jedoch lang. Dazu kam, dass das Update zwischendurch noch mit einem Fehler abgebrochen ist und ich das Smartphone restarten musste. Dann gings aber doch. Das, was mich am meisten dabei stört, hat eigentlich nichts mit dem Bold 9900 zu tun: das Theater mit erforderlichen und dann doch nicht verfügbaren Updates und undurchschaubaren Updateprozeduren zieht sich hin seit ich einen BlackBerry habe. Da sollte man doch was dagegen machen können…

Ein neuer Punkt im OS 7 sind die social feeds. Hinter dem Begriff versteckt sich eine Zusammenfassung aller sozialen Inhalte in einem Programm. Hier bei mir kamen Facebook, Twitter und ein paar RSS-Feeds zum Einsatz. Gut ist, dass man wirklich alles unter einer Oberfläche finden und bedienen kann. Nicht so gut gelöst ist, dass man nicht auf den ersten Blick sieht, wo sich was getan hat. Es erscheint des Feed-Symbol auf dem Startbildschirm, die Benachrichtigung ist (zumindest als Vibration) zunächst nicht von einer Mail oder einer SMS zu unterscheiden. Dann ruft man das Programm auf und sieht erst mal nicht, was neu dazukam. Nicht ideal. Noch schlechter: wenn man das Programm wieder schließt, kommt regelmäßig nach ein paar Sekunden eine neue Benachrichtigung über neue Inhalte. Den Grund habe ich auch herausgefunden: nach dem Start der social feeds werden z.B. die Bilder von Facebook oft netzbedingt nicht sofort geladen. Nach dem Schließen wird aber offensichtlich weitergeladen und eine Benachrichtigung ausgelöst, sobald alles heruntergeladen ist. So wird man teilweise zweimal über die selben „neuen“ Inhalte informiert. Nicht gut gelöst…

Zusammenfassung

Das Bold 9900 hinterlässt bei mir einen äußerst durchwachsenen Eindruck. Einerseits die wirklich tolle Verarbeitung und das überragende Keyboard, auf der anderen Seite der viel zu schwache Akku und ein paar offenkundige Designschwächen (Akkudeckel, Lautsprecher). Dazu kommt dann noch das zwiespältige Design (Sensorfläche und zusätzlich Touchscreen). Alles in allem sind die Unterschiede zum Vorgänger nicht so groß, dass man den Bold 9900 unbedingt braucht. Es wirkt auf mich, als ob sich RIM nicht sicher ist, wohin die Reise gehen soll. Man will sich einerseits treu bleiben, andererseits den Trend nicht verpassen. Herausgekommen ist ein Gerät, das weder Fisch noch Fleisch ist und nirgendwo richtig zuhause. Ich freue mich darauf, wenn RIM mal wieder ein Gerät herausbringt, das einer klaren Linie folgt. Funktionell habe ich am Bold 9900 nichts auszusetzen. Trotzdem kann ich mich nicht zu einer Empfehlung überwinden. Allein der aus meiner Sicht deutlich zu klein dimensionierte Akku wäre für mich persönlich ein Hinderungsgrund beim Kauf. Wen das nicht stört, der kann ruhigen Gewissens zugreifen. Ob sich ein Umstieg von einem älteren Gerät lohnt, muss jeder für sich entscheiden. Für mich jedenfalls nicht.

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Peter W.