Bisher empfand ich diese Smartwatches eher als Spielzeug ohne tieferen Sinn. Vielleicht auch deswegen, weil man mit ihnen nicht wirklich viel anfangen konnte. Das ändert sich nach und nach, denn die Hersteller haben erkannt, dass man mit einer Uhr noch viel mehr anstellen kann. Sie mutieren zu Smartphones im Uhrenformat mit allen Extras. Auch Pearl hat nun eine hochwertige Smartwatch im Angebot, die ich mir für einen 4-wöchigen Dauertest habe zuschicken lassen.
Mich interessieren vor diese Dinge:
- Kann so eine Uhr wirklich ein einfaches Smartphone ersetzen?
- Wie tippt es sich auf so einem Mini-Display?
- Wie ist die Telefonqualität?
- Kommt meine 8-jährige Tochter damit zurecht?
Also legen wir los…
Technische Daten:
- Android 4.2.2 Jelly Bean
- 1,5″ AMOLED Display mit 240 x 240 Pixel
- 1,2 GHz Mediatek MT6572 Cortex A7 Dual-Core Prozessor
- Mali-400 GPU
- 512 MB RAM
- microSD bis 32 GB
- 3 Megapixel Kamera
- GPS
- WLAN 802.11 b/g/n (2,4 GHz)
- Bluetooth 3.0
- spritzwassergeschützt nach IP65
- Micro-SIM
- Spritzwassergeschützt nach IP65
- 45,3 x 44,3 x 14,1 mm
- 90 g
- 600 mAh (wechselbar)
Produktseite: http://www.pearl.de/a-PX1790-4073.shtml
Ausführliche deutsche Bedienungsanleitung: http://www.pearl.de/pdocs/PX1790_11_130384.pdf
Der Preis liegt aktuell bei 199 €.
Übersicht:
Unboxing:
Verpackt ist die Smartwatch wie eine echte Uhr. Auf einem Samtkissen präsentiert sie sich und wirkt auf den ersten Blick richtig edel. Darunter kommen dann das ganze Zubehör zum Vorschein. Und davon gibt es reichlich:
- Pearl AW414.Go
- Stift
- Ladeschale
- Akku
- USB-Kabel
- Schraubenzieher
- Ersatzschrauben
- Schnellstart-Anleitung
Warum da ein paar Ersatzschrauben beigelegt sind wird man zu schätzen wissen, wenn man die Mikro-Simkarte und die Speicherkarte einsetzen möchte.
Verarbeitung und Ausstattung:
Über Geschmack lässt sich streiten, aber mir gefällt dieses Design. Nicht zu protzig und nicht zu filigran. Das Gehäuse der Uhr besteht aus Metall. Vermutlich Aluminium. Das Armband aus einem Silikon ähnlichen Material. Allergiker sollten also aufpassen. Durch die vielen Löcher in diesem, sollte jeder Arm eine passende Einstellung finden und angenehm sitzen. Selbst bei Kindern. Ein Metallarmband gibt es derzeit wohl nicht. Zumindest habe ich kein passendes finden können. Der Verschluss ist als gut zu bezeichnen. Verlieren sollte man die Uhr also nicht so einfach.
Natürlich nimmt das 1,5″ große Display den meisten Platz auf der Front ein. An der einen Außenseite befindet sich die Linse der Kamera, die Power-Taste und die Home-Taste. Auf der einen Seite des Armbands ist eine Öffnung für den Lautsprecher zu sehen. An der gegenüberliegenden Seite befindet sich das Mikrofon und unter einer verscharubten Abdeckung der Schlitz für die Mikro-Simkarte. Auf der abnehmbaren Unterseite die Kontakte für die Ladeschale.
Entfernt man diese Abdeckung, kann man den Akku entnehmen und die microSD-Speicherkarte einsetzen.
Das zerlegen bzw. abschrauben der Abdeckungen ist eine Sache für sich, die in aller Ruhe erledigt werden möchte. Diese Schrauben, oder ich nenne sie besser Schräubchen, sind echt nix für Männerhände. Verlustriskio = sehr hoch. Tipp von mir: vergesst den mitgelieferten Schraubendreher. Viel zu fummelig und nicht magentisch. So ein Feinmechanikerschraubendreher macht die Arbeit erheblich einfacher. Trotzdem muss man beim schrauben ein bisschen aufpassen, um diese nicht rund zu drehen. Also äußerste Vorsicht, damit auch nach dem Zusammenbau wieder die Dichtungen richtig sitzen und die Spritzwasserdichtigkeit gegeben ist.
An meinem Handgelenk macht diese Uhr eine gute Figur und auch das Gewicht geht absolut in Ordnung. Das sieht am Handgelenk meiner 8-jährigen Tochter natürlich ein bisschen klobiger aus, denn sie wollte diese Uhr unbedingt ein paar Tage ausprobieren. Trotzdem empfand sie die Größe nicht als störend.
Die Verarbeitungsqualität geht absolut in Ordnung, wenn man den Preis bedenkt. Es gibt weder scharfe Kanten noch sonstige Mängel. Sitzt, passt, wackelt und hat Luft.
Betriebssystem:
Vorinstalliert ist Android 4.2.2 Jelly Bean und leider gibt es keine Infos ob und wann es weitere Updates geben wird. Die Optik ist natürlich angepasst worden, um mit dem Display zurecht zu kommen. Hier wurde wirklich optimiert und nicht verschlimmbessert. Wer bereits mit Android unterwegs ist, wird sich sofort zurecht finden, denn ist alles vorhanden, was es auch den Smartphones und Tablets zu finden gibt. Selbst das Menü ist identisch. Und trotz des kleinen Displays habe ich nie den Stift gebraucht. Und genau das finde ich so erstaunlich. Die Natur hat mir recht große Hände spendiert und trotzdem kann ich auf der eingeblendeten Tastatur ganz gut tippen. Wer es noch einfacher haben will, kann sich natürlich auch spezielle Tastaturen wie SwiftKey installieren. Läuft einwandfrei auf der Smartwatch.
Der Sperrbildschirm kann mit Uhren in verschiedenen Design gestaltet werden. Allerdings wird dieses nach einer einstellbaren Zeit abgeschaltet. Um also auf die Uhr zu schauen, muss man eine Taste drücken. Nicht wirklich komfortabel, dafür aber Akkuschonend. Kommt ein Anruf, eine Mail oder irgendeine Benachrichtigung, werden diese im Display mit der Uhr durch ein Icon angezeigt. Eine eigene LED gibt es dafür leider nicht. Der Homescreen ist eigentlich nur einer, den man seitlich scrollen kann. Nur Widgets kann man nicht verwenden. Selbst die Benachrichtigungsleiste gibt es und auch die Liste mit den Schaltern gibt es, um schnell mal WLAN ein- oder auszuschalten. Leider ist die Bedienung nicht optimal gelöst. Um im Menü z.B. einen Schritt zurück zu gehen, muss man beide Finger mit einer Geste zusammenziehen. Auf dem kleinen Display eine echte Herausforderung. Aber mit ein bisschen Übung klappt auch das.
Irgendwelche vorinstallierte Apps gibt es nicht. Außer halt denen von Android selber. Der Playstore ist im vollem Umfang nutzbar und so gut wie jede von mir genutzte App ließ sich anstandslos installieren und nutzen. Nur bei großen Spielen erscheint ab und an mal die Meldung, dass das Gerät nicht kompatibel sei. Neue Apps landen zuerst einmal ganz hinten, können aber beliebig verschoben werden.
Performance:
Der 1,2 GHz Dual-Core Prozessor reißt keine Bäume aus. Und mal ehrlich. Das ist eine gepimpte Uhr. Und keine tragbare Konsole. Daher verzichte hier auch auf die Benchmarks. Gelegentliche Holpler sind verschmerzbar. Abstürze hatte ich in den 4 Wochen nicht. Für normale alltägliche Geschichten reicht der Prozessor vollkommen aus. Mehr sollte man auch nicht erwarten können.
Display:
Das 1,5″ Display wird mit 240 x 240 Pixel betrieben. Dieses soll kratzfest sein, spiegeltaber ein wenig. Und natürlich sieht man da auch einzelne Pixel. Aber ich glaube kein normaler Mensch wird auf die Idee kommen, hierauf Videos zu schauen oder hochauflösende Fotos in perfekter Qualität zeigen zu wollen. Es erfüllt absolut seinen Zweck und lässt sich zudem sehr zielgenau bedienen.
Die Displayhelligkeit sorgt auch im Freien für ausreichende Beleuchtung. Nur bei direkter Sonneneinstrahlung wird es schwer noch etwas zu erkennen. Erstaunt haben mich die möglichen Ablesewinkel. Ich kann selbst noch schräg von der Seite so gut wie alles erkennen. Lediglich die Farben verblassen ein wenig.
Überhaupt wirken Farben eher leblos und der Kontrast könnte ein bisschen höher sein.
Kamera:
Durch die eher ungünstige Positionierung der Kamera, muss man zum fotografieren die Hand abknicken, sonst hat man die Hand auf dem Bild und nicht das Fotoobjekt. Die Knipse selber löst zwar mit 3 Megapixel auf, aber für mehr als einen schnellen Schnappschuss taugt die Qualität leider nicht. Passt es mit der Beleuchtung sind sie ganz passabel, aber sobald es aber ein klitzekleines bisschen dunkler wird, ist es vorbei. Wer möchte, kann seine Bilder noch mit diversen Filtern und Effekten aufnehmen. Besser werden die Aufnahmen dadurch aber auch nicht. Dasselbe gilt übrigens auch für Videoaufnahmen, bei denen aber noch der Klang eher dumpf klingt.
Für die Spione oder Voyeure unter uns noch der Hinweis, dass man den Kameraton deaktivieren kann…
Hier ein paar unbearbeitete Testfotos in voller Auflösung:
Akku:
Dieser ist wechselbar und ermöglicht mit seinen 600 mAh ordentliche Laufzeiten. Zwei Tage sind keine Hexerei, auch wenn man die Uhr ein wenig fordert. Telefoniert oder navigiert sehr viel damit, ist die Laufzeit natürlich geringer, aber man kommt auch so locker über den Tag.
Zum Laden legt man die Uhr in die beiliegende Ladeschale, klappt diese zu und lädt es über das mitgelieferte Mikro-USB Kabel. Wer, so wie ich, mit einem 2A Lader daherkommt, wird nach knapp einer Stunde den Akku gefüllt haben.
Konnektivität:
Das Problem mit der Lautstärke lässt sich mit einer Bluetooth Freisprechanlage oder einem einfachen Bluetooth Headset ganz einfach umgehen. Die Verbindung ist schnell hergestellt und sehr stabil. Dasselbe gilt für das eingebaute WLAN Modul. An den ersten beiden Refrenzpunkten im Wohnzimmer und im Garten hatte ich eine stabile Verbindung. Erst auf der Straße brach sie merklich ein. Wer möchte, kann sogar per Tethering die Uhr als Hotspot missbrauchen.
Bei Anrufen muss man wie schon erwähnt die Uhr ein wenig in die Richtung vom Mund halten. Dann wird man sehr gut verstanden und obwohl es nur ein Mikrofon gibt, sind Nebengeräusche so gut wie nicht hörbar. Bei der Haltung hört man dann auch das Gegenüber sehr gut. Nur der Klang ist wie ebenfalls schon erwähnt eher dumpf.
Bei der Speicherkarte werden maximal 32 GB unterstützt. Meine 64 GB von SanDisk wird zwar erkannt, allerdings nicht mit ihrer vollen Kapazität. Das GPS Signal wird schnell gefunden und auch konstant gehalten.
Klang:
Viele große Smartphones klingen schon nicht gut und da kann so ein Zwerg schon gar nicht mithalten. Es klingt dumpf und zudem noch etwas zu leise. Navigieren im Auto ist zwar möglich, aber man muss schon sehr genau hinhören oder die Uhr etwas höher halten. Im Auto also eher unpraktisch. Musik hören an ruhigen Orten geht zwar, aber es klingt halt völlig vermatscht. Bei Telefonaten gibt es für diese Größe hingegen nicht viel auszusetzen. Natürlich muss auch hier die Uhr etwas höher gehalten werden, um den Anrufer zu verstehen.
Fazit:
Preislich liegt die Smartwatch bekanntlich bei knapp unter 200 € und damit gut 50 € unter einer Samsung Galaxy Gear, die bisher nur mit einigen wenigen Topmodellen von Samsung zusammen arbeitet. Alleine funktioniert diese nicht. Da aber auch primär nur als Anzeigeinstrument. Eigentlich kann man dieses Teil mit der Smartwatch von Pearl überhaupt nicht vergleichen. Auch nicht mit der brandneuen Sony Smartwatch 2 zum Preis von 179 €. Auch hier kann man mangels Kamera und Mikro keine Fotos machen oder telefonieren. Dafür ist bei Sony das Display zwar ein klitzekleines bisschen größer, aber es löst mit 220 x 176 Pixel auch geringer auf. Zudem ist sie größer und noch mal eine ganze Ecke schwerer. Positiv ist aber, dass sie im Gegensatz zur Pearl Uhr auch noch NFC unterstützt. Und man kann die Armbänder austauschen und aus verschiedenen Farben beim Gehäuse wählen.
Ich vergebe das Gütsiegel, da ich von der AW414.Go ziemlich begeistert bin. Zunächst waren solche Teile für mich ein Spielzeug ohne Sinn, aber wer einmal in den Genuss gekommen ist, wird eines besseren belehrt. Sie ist hochwertig verarbeitet, sieht gut aus und bietet alles, was man so mit seinem Handgelenk anstellen kann. Natürlich ersetzt es kein echtes Smartphone, weil die Tipperei auf Dauer doch ein wenig anstrengend ist, vor allem für die Vieltipper, aber für einfache Aufgaben absolut brauchbar. Und nicht zuletzt deswegen, weil meine 8-jährige Tochter diese Uhr bedienen und nutzen kann. Sie hat die 414Go eine Woche lang jeden Tag getragen und genutzt. Natürlich war sie auf dem Pausenhof der King, denn Smartphone ist ja heute nix mehr aufregendes in dieser Altersklasse. Aber eine Uhr, mit der man telefonieren kann. Glückwunsch an Pearl, die hier ein richtig geiles Teil im Programm hat.
[abx product=“33323″ template=“33235″]
Ich habe die Uhr nach zwei Wochen wieder zurück geschickt. Ich persönlich finde das es nicht mehr als ein Spielzeug ist. Denn ein normales Gepräch war einfach nicht möglich. Weil der gegenüber einen einfach nicht versteht. Nur mit bt Freisprecheinrichtung.
Die Kamera ist absolut nutzlos, denn bein fotografieren ist die Hand im weg. Und Videotelefonie geht auch nicht.
Die Ladeschale halte ich auch für eine Fehlkonstruktion. Denn wenn ich unterwegs bin will ich das Ding nicht immer mitschleppen müssen.
Was die Verarbeitung an geht, kann ich leider auch nichts so gutes berichten.
Die Unterseite fing nach 3 Tagen an zu korrodieren und sich zu verfärben. Das sieht zwar niemand, aber schön ist es nicht.
Den allgemeinen Ansatz finde ich aber gut. Denn wenn diese Fehler abgestellt sind, dann bin ich der erste der so eine Uhr haben will.
Die Bedienung fand ich vollkommen ausreichend.
Liste der Sachen die verbessert werden sollten.
1. USB Ladebuchse
2. Besserer Platz der Kameralinse
3. Besseres Mikrofon und Lautsprecher
4. Bessere Verarbeitung
Micha
Danke für den guten Bericht. Habe die Uhr auch seit gut 1 Wo und werde sie behalten bzw. jetzt nochmals umtauschen, da der Boden wie bei Micha korrodiert ist.
Ich werde die Uhr aber nicht immer dauernd eingeschaltet lassen (wegen den Strahlen) und mehr die Standalone Features der Uhr plus Android nutzen, z.B.:
– Audio-Recorder
– Taschenlampe
– Rechner
– Countdown
– weitere einfache Tools
,hie und da aber sicher auch mal nachschauen, ob E-Mails schon eingetroffen sind (aber sicher hier nicht bearbeiten …), oder wie das Wetter wird und glücklich sein, dass ich immer ein Reserve-/Notfall-Handy dabei habe ;-))
Das Schreiben finde ich mit der verkleinerten SWIFTKey X Tastatur ganz ok. Es funktioniert dann sogar die Word prediction und die SWIPE Eingabe und man sieht immer noch mind. eine ganze (…) Textzeile … was für den Notfall auch für WhatsApp reicht.
Übrigens kann man ganz einfach einen Launcher installieren, um auch Widgets zu benutzen, Icons kleiner zu machen und und und. Bei mir sieht das dann so aus:
https://lh6.googleusercontent.com/lFbFKVm_6CPSwKFs2YqgKYy6nTTaojPhOi_KxLI0C2oK=w1006-h850-no
Bei der Performance braucht sich das Teil übrigens auch nicht zu verstecken: Gemäss AnTuTu Benchmark ist die Uhr sogar schneller als ein Samsung Galaxy S II.
Der ‚Back-Button‘ ist bei meiner Uhr ganz einfach ein Streichen von rechts nach links und der ‚Menü-Button‘ das Selbe von links nach rechts. Finde ich super und es würde mich nicht wundern, wenn das schon bald einer (Apple?) nachmachen würde.
Schlecht finde ich aber effektiv den fehlenden Lautstärkenregler und die sehr magere Kamera.
Trotzdem – wie schon gesagt – ich geb‘ sie nicht mehr her!