[Erfahrungsbericht] Das taugen Fitnesstracker wirklich – oder auch nicht…

Diese Fitnesstracker sind ja nach wie vor total hip. Immer öfter sieht man diese mehr oder minder hübschen Armbänder im Alltag. Der Markt wird immer unübersichtlicher. Es ist alles dabei, auch beim Preis und nicht zuletzt bei den Funktionen unterscheiden sich die Bänder doch erheblich. Angefangen von knapp über 10 € gibt es nach oben keine Grenze. Aber was taugen diese Bänder im Alltag? Messen sie wirklich zuverlässig oder sind das eher Schätzeisen und welches ist besser oder gar das Beste? Genau das wird dieser Erfahrungsbericht aufdecken und die Ergebnisse sind überraschend…



Zuerst einmal möchte ich betonen, dass dies kein Test oder Vergleichtest im herkömmlichen Sinne ist, sondern rein auf den Erfahrungen im Alltag von meiner Frau und mir basiert. Wir sind alles andere als Supersportler, sondern eher darauf aus fit zu bleiben und zu wissen, wie aktiv wir tatsächlich sind. Wie viel wir uns jeden Tag bewegen, wie und wie lange wir schlafen usw. „Echte“ Sportler werden über solche Bänder nur müde lächeln. Sollen sie gerne, denn die sind auch nicht die Zielgruppe dieser Tracker. In den letzten Wochen haben wir mehrere Bänder und Uhren genutzt, teilweise mehrere auf einmal, also zwei Tracker an einem Arm, um direkt vergleichen zu können. Die Ergebnisse sind überraschend, auch haarsträubend und haben uns eine völlig neue Sicht der Dinge gegeben. Das versuchen wir am Ende des Artikels in unserem Fazit zum Ausdruck zu bringen.

Ausgesucht haben wir nach einfachen, nachvollziehbaren Kriterien. Maximal 100 €, Schlaftracking, nach Möglichkeit Pulsmessung, wasserdicht damit man auch mal damit duschen kann und einigermaßen schick. Neu gekauft haben wir dann zweimal das Xiaomi Mi Band 1S zu je 13 €, bei Amazon ein NoName Band ID107 für 29,95 €, ein Garmin vivofit 2 für 76 € und ein fitbit Charge HR für 69 €. Außer Konkurrenz läuft noch das Huawei TalkBand B2 (Testbericht), da es ebenfalls einen kompletten Tracker beinhaltet und mit knapp 90 € unter dem Limit von 100 € liegt. Genauso das Jawbone Up2, welches wir beide über 2 Wochen getestet, dann aber frustriert den Test abgebrochen und die Bänder wieder zurück geschickt haben. Hauptgrund war die  Verbindung zur App. Oder das diese eben so gut wie nie zu stande kam. Mal so eben den Wecker stellen? Vergiss es einfach. Man hockt minutenlang im Bett, um diesen dämlichen Wecker zu stellen bzw. dass die Änderungen auf das Band synchronisiert werden. Oder mal die aktuellen Daten des Tages in die App synchronisieren? Dafür braucht man echt Geduld und/ oder Nerven wie Drahtseile. Der totale Reinfall und so haben wir uns mit Jawbone nicht mehr weiter beschäftigt. Hier nun also die vier Kandidaten, die einen Tag und eine Nacht lang gemeinsam meinen linken Arm verziert haben (ich bin übrigens Rechtshänder).

Garmin vivofit 2:

Garmin ist ja sowas wie der Platzhirsch unter den Trackern. Profis schwören auf Garmin. Dank einer echten Batterie hält der Akku bis zu einem Jahr. Wir waren trotzdem alles andere als zufrieden. Dafür gibt es viele Gründe. Positiv ist erst einmal der Tracker als solches. Das Armband hat einen sehr guten Verschluss. Verlieren ist da schon mal ausgeschlossen. Das Display ist, selbst bei Sonnenschein perfekt ablesbar. Allerdings ist die App für  Otto-Normal-Nutzer wie wir es sind, völlig überladen.
Ja, die Garmin  App kann viel, aber es müsste sowas wie einen Normalen- und einen Profimodus geben. Es ist einfach zu komplex und mal eben was nachschauen, artet in einer Klickorgie aus. Dasselbe gilt übrigens für die Bedienung des Bandes. Mit dem Knopf kommt man schnell von einer Anzeige zur nächsten. Klappt gut. Aktivitäten werden über „START“ und „STOPP“ gesteuert und dann wieder „SYNCH“ um die Daten in die App zu bekommen um dann erstaunt festzustellen: Runtastic hat 6,75 km gezählt und die Vivofit nur 3,66 km. Das hat uns schier zum verzweifeln gebracht. Hat der Tracker ein Nickerchen gemacht oder wo war er während der anderen 3 km? Das hätte ich von Garmin nicht erwartet. Wie oben schon beschrieben, Synchronisierung erfolgt nicht automatisch, muss jedesmal über das Band angestoßen werden und dabei sollte die App geöffnet sein, sonst passiert nichts.
Eine Synchronisation mit Google Fit gibt es auch nicht. Schlaf kann das Band tracken, allerdings ist keine intelligente Weckfunktion integriert. Es ist ein reiner Sport Tracker, als Sport gab es sogar „Drohnenflug“…. was das mit Sport zu tun hat entzieht sich mir komplett. Vivofit 2 unterscheidet auch in den einzelnen Bewegungen nicht, z.B. bin ich morgens aufgewacht und hatte bereits 70 Schritte zurück gelegt, ohne mich aus dem Bett zu bewegen, oder: aufstehen, duschen, Haare waschen, abtrocknen, eincremen, föhnen, Make-up und zack hatte ich zwischen 1.100 und 1.300 Schritte (je nachdem wie aufwendig Make-up und Haare waren). Da konnte ich mich doch jeden Morgen freuen wie aktiv ich schon war ;-).  Da wundert es sicher niemand, dass wir das Band nach 2 Wochen wieder verkauft haben. Dabei fiel ein weiteres Manko auf. Das Zurück setzen. Laut Anleitung eine ziemlich verrückte Tastenkombination. Hat bei uns nicht funktioniert. Also Google befragt und siehe da, es gibt sogar Videos. Also zwei Videos angeschaut und beide zeigen eindeutig das vivofit 2, aber zwei verschiedene Tastenkombinationen zum zurück setzen. Geklappt hat bei uns keine. Also beim Support angerufen und was sagt die nette Dame? Geht gar nicht…also das zurück setzen. Ist nicht vorgesehen.
Warum zur Hölle steht es dann in der  Anleitung??? Die Daten auf dem Band können nicht auf der App gelöscht werden, funktioniert auch nur über „Garmin connect“und der kleine Button dafür ist sehr schwer zu finden.

 

Garmin Connect

fitbit Charge HR:

Das fitbit ist wie das Garmin ein bekannter Vertreter seiner Art. Es gefällt durch seine schlichte Optik und ein ebenfalls gut gesichertes Armband. Auch hier ist das Display bei Sonnenschein perfekt ablesbar, bietet aber auch nicht viele Informationen. Es zeigt wirklich nur das Wichtigste an. Extras wie die Benachrichtigung von Apps gibt es nicht dafür vibriert es, wenn ein Kontakt anruft. Immerhin besser als nichts. Der Tragekomfort ist wie beim Garmin sehr gut. Leider gibt es wie bei Garmin auch hier keine Synchronisation mit Google Fit. Dafür kann die App überzeugen. Sehr schnell zeigt sie schon auf der Startseite alle wichtigen Daten an. Die Verbindung ist zu jeder Zeit vorhanden und die Synchronisation geht zügig von statten. Aktivitäten werden automatisch erkannt und gemeldet. Auch sonst bietet die App alles, was man so benötigt. Zumindest als normaler Sportler, der fit sein möchte. Selbst die Flüssigkeitszufuhr kann eingetragen werden. Die Akkulaufzeit mit knapp 4 Tagen ist allerdings eher bescheiden. Dafür ist es in knapp einer Stunde wieder aufgeladen. Positiv hervorzuheben ist, dass das fitbit als einzigstes Armband auch die Etagen zählen kann und das recht präzise. Wer möchte, kann seine Freunde herausfordern, die ebenfalls mit einem fitbit unterwegs sind. Mittlerweile für uns ein gern gesehenes Feature, weil es die Motivation noch einmal kräftig steigert.

FitBit

Xiaomi Mi Band 1S:

Der absolute Preis/Leistungskiller. Bei ebay bekommt man das original für knapp 19,95 € inkl. Versand aus Deutschland. Wer ganz sicher gehen will, kann sich das 1S sogar bei Amazon* mit Prime für 22,99 € bestellen. Ich habe unsere über Gearbest* für 12 € das Stück bestellt. Die kommen zwar aus China, aber nach knapp 2 Wochen waren die Bänder da. Zoll fällt keiner an, da der Wert unter der Freigrenze liegt. Zuerst einmal muss man sich bewusst sein, dass das Xiaomi Mi Band 1S zwar kein Display sondern nur 3 weiße LEDs, aber sonst alles und noch mehr kann, als die wesentlich teurere Konkurrenz. Das fängt schon mal damit an, dass es eine große Zahl an Armbändern aus allen möglichen Materialien und Designs gibt. Das mitgelieferte Silikonarmband bietet einen sehr gute Tragekomfort und der Verschluss ist ok. Bisher hat es sich nicht von selbst geöffnet. Durch das geringe Gewicht, spürt man den Tracker nach kurzer Zeit gar nicht mehr. Der Akku hält trotz stündlicher Pulsmessung locker drei Wochen durch und ist innerhalb von einer Stunde aufgeladen. Bei der App hat man die Wahl zwischen der original Xiaomi Mi Fit App aber auch einigen anderen erhältlichen. Wir nutzen zusätzlich noch die kostenlose Mi Band Notify & Fitness, welche aber hier keinen Einfluss hat, denn die bietet Funktionen ohne Ende und stellt alle anderen Tracker und deren Apps ganz locker in den Schatten. Die original Xiaomi kann schon einiges und synchronisiert sich sofort, sobald man sie startet. Leider kann man sich bei Xiaomi nicht „batteln“ also keine direkten Konkurrenzkämpfe liefern. Aktivitäten muss man zwar händisch über  die App starten, dafür werden sie dann aber auch komplett mit allen Daten aufgezeichnet. Zu betonen ist hier, dass man für jede seiner Apps eine Benachrichtigung aktivieren kann. Auch hat er eine Schlaftrack Funktion und intelligentes wecken ist damit möglich. Muss ich noch erwähnen, dass es eine komplette Synchronisation mit Google Fit gibt und im Zusammenspiel mit der Mi Scale, der smarten Waage von Xiaomi, die wir gerade testen, auch das Gewicht automatisch mit getrackt wird?

Xiaomi Mi Fit

ID107 Tracker:

Eher zufällig bin ich bei Amazon auf einen weiteren Tracker gestoßen. Primär, weil ich diesen Tracker unter zig verschiedenen Bezeichnungen und Anbietern gefunden habe. Am schnellsten findet man ihn, wenn man nach ID107* sucht. Bis auf die Farbe sind die alle gleich aber die Preisunterschiede enorm. Für 33,95 € bekommt man sie mit Prime* nach Hause geliefert. Bei Gearbest* schon ab 9,87 € zu haben. Sie besitzt einen Pulsmesser, ein Display mit Touchscreen und kann zusätzlich noch über eine Taste bedient werden. Der Tragekomfort ist sehr gut und auch dieser Verschluss ist als gut zu bezeichnen. Das Display ist bei Sonne leider so gut wie gar nicht mehr ablesbar. Die Akkulaufzeit ist mit fast 2 Wochen richtig gut und innerhalb von knapp 90 Minuten wieder aufgeladen. Die kostenlose VeryFit App ist ganz ok, auch wenn sie hinter den Möglichkeiten der Xiaomi bleibt. Dafür klappt die Verbindung auf  Anhieb und die Synchronisation ist eine Sache von wenigen Sekunden. Aktivitäten werden zwar nicht automatisch erkannt, aber durch gedrückt halten der Taste am Tracker gestartet inkl. Stoppuhr. Es gibt eine Anrufbenachrichtigung. Bei den Apps kann man nur zwischen ein paar bekannten wie Whatsapp oder Facebook Messenger wählen. Die restlichen sind eher in China bekannte Messenger.

VeryFit

Fazit:

Macht euch vom Gedanken frei, dass diese Tracker genau sind. Egal ob Marke oder NoName. Ich habe diese vier hier beschriebenen Tracker einen Tag und eine Nacht zusammen am gleichen Arm getragen und die Werte differieren extrem, wie man an der Tabelle sehen kann. Bis zu 1000 Schritte. Da sind 20% Unterschied und das obwohl ich alle vier exakt gleich lange getragen habe. Das gilt auch für die Strecken, die ziemlich stark voneinander abweichen. Ein Phänomen welches man ganz sicher mit noch mehr Trackern im direkten Vergleich machen würde. Exakt ist keiner. Kann auch nicht, denn die Bänder registrieren die Armbewegungen. Bleibt mal stehen und macht typische Bewegungen mit dem Arm wie beim Laufen. Wundersamerweise wird jeder Tracker anfangen zu zählen. Selbst beim Auto fahren, tippen auf einer Tastatur, Hose oder Socken anziehen, Schminken, Haare föhnen usw. wird als Schritt gezählt. Nochmals zu betonen, dass es alle tun. Soll ich euch mal einen ganz konkreten Tipp geben, wie ihr jeden Tag euer Schrittziel erreicht? Befriedigt euch selbst. Kein Witz. Egal ob Mann oder Frau. Der Zähler rennt….und das gilt wie gesagt für alle Fitnesstracker, denn sie sitzen am Arm und nicht am Bein. Die Sache mit der Pulsmessung ist auch nicht zu ernst zu nehmen. Exakt zur gleichen Zeit abgelesen, zeigen die drei Werte von 67 bis 79 Schläge pro Minute an. Und das in Ruhe beim Sitzen. Extrem wird es beim Sport. Vergesst exakte Werte. Hier variiert es von 58 bis 240. Jeder zeigt was anderes und springen munter hin und her. Nur beim Schlaf sind alle vier erstaunlich gleich. Bis auf eine Minute zeigen alle die gleiche Schlafdauer an. Ok, bei der Tiefe des Schlafs und den Wachphasen zeigt jede wieder andere Werte an, aber im Groben sind sie einigermaßen gleich.

Unser Tipp: überlegt euch, was ein guter Tracker für euch beinhalten soll, z.B. Pulsmessung, intelligente Weckfunktion, reiner Schrittzähler, Benachrichtigung von Apps und Anrufen, Optik, einfache Bedienung der App, was wollt ihr investieren etc. Und dann kauft ihr „den“ Tracker und lauft einfach los. Seit wir beide uns mit dem Thema beschäftigen, bewegen wir uns täglich viel mehr und vor allem länger. Der Tracker ist für uns Motivation den Hintern von der Couch zu schieben und danach happy festzustellen, dass wir 10.000 Schritte geschafft haben, oder über Google Fit ein Lob bekommen, weil wir uns über 2 Stunden bewegt haben.

Wir warten jetzt gespannt auf das Xiaomi Mi Band 2, welches am 7. Juni 2016 vorgestellt wird. Dieses hat dann ein Display und wird preislich wohl wieder weit unter $40 kosten und direkt zweimal bestellt. Denn am Ende bleibt eines festzuhalten. Für um die 20 € gibt es kein besseres, als das Xiaomi Mi Band 1S. Keines kann mehr, keines ist günstiger, auch wenn die Werte sicher nicht exakt sind. Aber das sind die alle nicht, also schauen wir nur noch auf die Preis/Leistung und die Optik.

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Peter W.