Die Apple Keynote zum iPhone 11 mal aus einer anderen Perspektive

Die Apple Keynote vom 10. September 2019 ist Geschichte und wieder einmal hat sich gezeigt, wie sehr diese Firma polarisiert und es war komplett absehbar, wie die Menschheit darauf reagieren wird. Dabei war dieser Event bzw. dessen Neuvorstellungen bereits zum scheitern verurteilt. Ich betrachte das Event mal aus einem anderen Blickwinkel und rege vielleicht auch mal zum Nachdenken an.




Apple lädt zum Event und die komplette Menschheit nimmt davon Notiz, spricht darüber und zerreißt sich am Ende darüber das Maul. Und sage keiner, dass wäre nicht so.

Jede Seite berichtet darüber, jedes Magazin, das Fernsehen, Radio und weiß der Kuckuck wer noch. Selbst im örtlichen Käseblatt findet man zwischen den Neuigkeiten aus dem Kaninchenzuchtverein und Todesanzeigen einen Artikel darüber.

Vorab zur Info, dass ich weder ein Apple-Fanboy bin noch ein Apple-Hasser. Ich nutze zwar kein iPhone, habe aber schon mehrere gehabt und zu Hause liegen insgesamt drei iPads herum. Somit bin ich irgendwas dazwischen, gepaart mit gesunden Menschenverstand und einer gewissen Portion Skepsis, aber auch Begeisterungsfähigkeit.

Und auch ich habe mir die Keynote von Apple angeschaut. Zwar nicht live, weil bei mir zu Hause wenige Minuten vorher das komplette Internet abgeschmiert ist, aber am nächsten morgen in voller Länge.

Gestern Abend haben Markus und ich die Folge 34 unseres Podcast aufgenommen, aber leider ist die Aufnahme nicht geworden. Dort haben wir natürlich primär über das Apple Event gesprochen, denn auch Markus ist in dieser Hinsicht genauso offen wie meine Wenigkeit, auch wenn er seine Meinung teilweise recht harsch kommuniziert. 

Es gab also die lang erwarteten iPhone 11, die neue Apple Watch 5, ein neues iPad und mehrere Neuigkeiten zu den kommenden Diensten Apple TV+ und Apple Arcade. Das ganze verpackt in 1 Stunde und 42 Minuten Event samt Begeisterungsstürmen und viel Applaus. Zumindest im Saal.

Denn danach folgte das Unvermeidbare. Häme wurde kübelweise über Apple ausgeschüttet. Unendlich viel. Apple kann da einem fast schon leid tun.

Aber der Reihe nach. 

Apple transformiert sich gerade vom Hardwarehersteller zum Servicedienstleister mit angeschlossener Hardwareentwicklung. Apple löst sich aus de Umklammerung des einstigen Heilbringer iPhone. 

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Die Zeiten sind vorbei. Das iPhone generiert nicht einmal mehr 50% des Umsatzes und sie sinken weiter. Gründe gibt es viele und kann man mittlerweile echt überall zur Genüge nachlesen. 

Viel mehr konzentriert sich Apple nun auf seine neuen Goldesel. Apple Music, Apple Arcade oder Apple TV+ usw. Diesen Services wurde bei der aktuellen Keynote sehr viel Zeit gewidmet.

Auch wenn es letztlich wenig Neuigkeiten gab, stattdessen die Apple-übliche geschwülstige Selbstbeweihräucherung mit Jubelstürmen des handverlesenen Publikum, zeigt man doch sehr deutlich, wo der Fokus liegt.

Das liegt auch für Apple in der Luft (neudeutsch Cloud) und man möchte überall mitmischen. Ob das gelingen wird ist fraglich, denn die Konkurrenz von Spotify und Netflix hat einiges an Vorsprung und den Apple nicht einmal mit Geld und guten Worten aus dem Stand aufholen.

Interessant dürften aber die Preise sein, denn Apple TV+ und Apple Arcade werden für die komplette Familie nur jeweils 4,99 Euro pro Monat kosten. Es bleibt auf diesem Kriegsschauplatz spannend.

Dann gab es die neue Apple Watch. Und damit begann eigentlich das ganze Desaster aus Sicht der kritischen Menschheit.

Eine eckige Uhr, die jetzt 18 Stunden durchhält und als super gefeierte Neuheit ein Always-On Display besitzt. Ok, dieses Feature haben andere Smartwatches schon ewig wie z.B. Amazfit GTR (Testbericht), die ein viertel kostet und dessen Akku locker 3 Wochen hält.

Die Apple Watch der 5. Generation sieht gut aus, ohne Frage und das was sie kann, kann sich richtig gut. Das kann und wird niemand bestreiten, der sich nur ein bisschen auskennt und mit offenen Augen durch die Welt marschiert.

Die Apple Watch war es, die (wieder einmal) den Markt revolutioniert hat und diese Gattung salonfähig gemacht hat. Noch nicht lange her, war mein belächelter Nerd, wenn man mit so einer schlauen Uhr am Arm herumgelaufen ist. Heute ist das dank der Apple Watch anders.

Das es am Ende bis auf das Always-On Display und den Kompass keine wirklichen Neuerungen gab, ist Wasser auf die Windmühlen aller, die genau darauf warten. Das es nun (wieder) ein Gehäuse aus Titan und Keramik gibt oder das man nun alle Armbändern mit allen Modellen kombinieren kann, dass hat am Ende kaum noch einen interessiert.

Es bleibt nur übrig, dass es eine sauteure, schöne Uhr mit tollen Funktionen, wenig Akkulaufzeit und EKG-Gedöns ist.

Übrigens funktioniert die angesprochene Notruf-Funktion der Apple Watch ohne iPhone oder eSIM nicht bei uns in Deutschland. Denn ein Notruf kann nur von einem im Telefonnetz eindeutig registrierten Gerät abgesetzt werden und das ist die nackte Apple Watch WiFi eben nicht. Erwähnt halt niemand, was wieder der dunklen Seite in die Karten spielt.

Das darauf folgende neue iPad wurde förmlich abgefertigt. Kurz gezeigt, kurz erklärt. Fertig. Nächstes.

Und im Ernst. Das neue iPad (iPad 7?) hat bis auf ein größeres Display wirklich nichts neues zu bieten. Der Support für den Apple Pencil der ersten Generation und des Smart Keyboard  hat in der Kürze dann wohl kaum noch jemand wahrgenommen. 

Sehr schade, denn es ist das iPad, welches den Tablet Markt dominiert und egal wen man nach einem brauchbaren Tablet fragt…jeder, auch Markus und ich, empfehlen ohne nachzudenken das iPad. Kein Tablet kann es besser und da spielt dann auch der Preis keine große Rolle mehr. Ein iPad vererbt man seinen Kindern weiter.

Und dann war es endlich soweit.

Das iPhone 11 durfte eifrig beklatscht werden. Drei sind es am Ende geworden. Über die technischen Daten und das Design will ich mich gar nicht mehr auslassen. Das kann man an jeder Ecke des Internet mehr oder weniger ausführlich nachlesen. 

Fakt ist aber, dass Apple in vielen Punkten nicht das geliefert hat, was viele erhofft oder erwartet haben. Egal ob iPhone 11, iPhone 11 Pro oder iPhone 11 Pro Max. Kein 5G, kein Reverse Charge, kein USB Typ-C, kein 90 Hz Display und dann wird der 3D Touch kommentarlos durch das olle Haptik-Touch ersetzt.

Wie kann Apple denn nur? Im Jahre 2019? Egal, ob man diese Funktionen jetzt oder jemals braucht. Viele wissen nicht einmal, was Reverse Charge ist, diskutieren darüber aber wie die Großen Auskenner.

Am besten sind aber die Experten, die das iPhone 11 mit einem Xiaomi Mi 9 oder gar einem 2 Jahre alten Androiden wie dem LG V30 vergleichen. 

Beim Vergleich der nackten Zahlen zieht das iPhone 11 oft den Kürzeren. Niedrigere Auflösung, schwächerer Prozessor, weniger RAM, kleinerer Akku, weniger Megapixel pro Linse. Eigentlich so gut wie überall.

Dazu wird ein Preisvergleich nachgeschoben, bei dem man leicht erkennt, dass das LG V30 oder das aktuelle Xiaomi Mi 9 mit gerade einmal 300 Euro deutlich günstiger als das Einstiegsmodell des iPhone 11 für 800 Euro ist.

Was man vergisst ist aber die Tatsache, dass so ein iPhone nicht diese Leistungsdaten braucht, um dieselbe Leistung zu bringen. Das liegt am Apple Ökosystem, welches perfekt aufeinander abgestimmt ist. Nicht wie das chaotische Android, bei dem jeder machen kann und darf, was er will.

Wie viele iPhone Nutzer bemängeln, dass sein iPhone ruckelt, abstürzt oder herum zickt? Sicher etliche weniger als Android Nutzer. Und in Punkto Leistung ist selbst ein iPhone 8 sicher nicht viel langsamer als ein aktueller High-End Androide.

Das gilt im übrigen auch für die Kamera. Ja, das iPhone 11 Pro/ Pro Max hat nur einen 2-fach Zoom und einen „normalen“ Ultraweitwinkel. Aber wie oft nutzt man den wirklich? Oder wer weiß, wofür die ganzen Linsen im Smartphone so sind

Sicher die wenigsten. Egal ob Apple oder Android. Hauptsache mit der nackten Zahl der Linsen und Megapixel angeben. Wie beim Autoquartett aus Kindertagen. Der Rest bzw. die Technik dahinter? Egal. Passt schon.

Wo ich aber mitgehe ist bei der ewigen Diskussion um die Preisgestaltung.

iPhones sind teuer. Daran hat man sich gewöhnt. Dabei vergesse auch ich immer wieder, dass das Huawei P30 bei der Vorstellung 999 Euro als Preisschild aufgeklebt hatte. Oder auch das Samsung Galaxy S10 mit 800 Euro nicht günstiger war. Der enorme Preisverfall der Androiden ist sicherlich erfreulich, aber so ein iPhone bleibt lange Zeit preisstabil und das sicher nicht zu unrecht.

Markus hat in der aktuellen Podcast Folge einen sehr treffenden Satz gesagt.

Du beißt einmal in den sauren Apfel (Achtung Wortspiel) und legst 1000 Euro auf den Tisch. Dafür bekommst du ein aktuelles iPhone. Ein Jahr später erscheint das Neue. Du verkaufst dein „Altes“ für gutes Geld, weil kaum Preisverfall, legst einen oder zwei Hunderter drauf und bekommst das neueste iPhone.

Probiert diese Rechnung mal mit einem Samsung Galaxy S10…da legt man nach ein paar Wochen schon fast Geld noch dazu, dass man es los wird und ich weiß, wovon ich spreche. Für ein 4 Wochen altes Galaxy S10 im perfekten Zustand mit extra Zubehör habe ich mit Ach und Krach gerade einmal 450 Euro bekommen. Neu kostet es um die 680 Euro.

Dafür bekommt man ein drei Jahre altes iPhone 8. Nur mal so zum nachdenken.

Natürlich ist auch das iPhone 11 genau wie das iPhone 11 Pro/ Max ein Mittelklasse Smartphone von der Ausstattung her mit einer hervorragenden Verarbeitung zum High-End Preis.

Mit einem Auto könnte man es so vergleichen, dass man mit einem iPhone die Verarbeitung und Preis der Mercedes S-Klasse mit der Ausstattung eines VW Golf bekommt. Wiederum zu bedenken ist aber, was ich weiter oben bezüglich Daten und Leistung geschrieben habe.

So einem iPhone genügt die Mittelklasse Ausstattung locker aus, um die Leistung der High-End Androiden zu erreichen und auch Gold ist wertstabil und daher seit jeher teuer.

In der Tat ist das Aufregen über das beim iPhone 11 mitgelieferte 5 Watt Netzteil begründet, denn das ist schlichtweg ein Witz. In dieser Preisklasse ist das lächerlich und Apple würde sicherlich nicht pleite gehen, wenn sie das 18 Watt Netzteil beilegen würden. Kosten beide in der Produktion sicher nahezu das Gleiche.

Das sind meine Gedanken zum Thema Apple, dessen Keynote, dem iPhone 11 und allem was die da so vorgestellt haben. Eigentlich könnte ich noch viel mehr schreiben und mit jeder Minuten, mit der ich darüber nachdenke, fallen mir weitere Argumente Für und Wider Apple und deren Geräte ein, aber ich wollte einfach mal raus dem Gebashe und Lobgesängen. 

Denn es gibt noch was zwischen Schwarz und Weiß und man sollte auch mal weiter denken oder wie die Lemminge allen hinterher laufen.

Peter W.