Stellantis sagt tschüss, Android Automotive am Ende?

Mit einer deutlichen Ankündigung hat Stellantis die langjährige Partnerschaft zwischen Android Automotive und Stellantis gekündigt. Damit bleibt Google nur noch die Partnerschaft mit Renault-Nissan-Misubishi. Stellantis selber wird ein eigenes Betriebssystem schon in den nächsten Wochen vorstellen. Die Deutlichkeit der gewählten Worte ist interessant.

Stellantis ist der 4. größte Autohersteller der Welt. Unter dem Stallantis-Dach vereinigen sich Marken wie Fiat und Chrysler, Alfa Romeo, Peugeot, Jeep, Opel und einige andere. Aber was genau ist Google Automotive eigentlich?

Es ist für viele Tech-Unternehmen lohnender, ihre Software in Fahrzeuge zu bringen, als selbst sofort ein eigenes Fahrzeug zu entwickeln. Unternehmen wie Google, Apple, Amazon und viele andere beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der User-Experience. Mit dem Erstellen einer möglichst einfachen Bedienung von komplizierten Produkten. Ein Android-Smartphone oder ein iPhone kann von Kleinkindern bedient werden. Diese Konzerne wissen, wie man Nutzer durch immer komplexer werdende Anwendungen führt. 

Dieses customer experience  macht den großen Erfolg von Smartphones aus. Sie sind einfach zu bedienen. Genau daran scheitern viele Autohersteller. Das Nutzererlebnis, wenn man ein Fahrzeug startet und all die Bildschirme aufblinken, ist häufig von der Stringenz und Übersichtlichkeit moderner Gadgets entfernt. Ich habe neulich ein Video gesehen, eines Elektrofahrzeugs von einem Hersteller, der für Verbrenner bekannt ist. Dort muss man in die 3. untere Ebene des Systems klicken, um das Handschuhfach zu öffnen.

Wenn Softwareunternehmen wie Apple und Google es nun hinbekommen, ihre eigene Software auf den diversen Displays der Fahrzeuge laufen zu lassen, ist das ein bedeutsamer Gewinn für beide Seiten. Die konventionellen Hersteller müssen sich nicht groß mit dem Design der UI beschäftigen und die Tech-Unternehmen bekommen mehr Kunden, Nutzer in ihr Ökosystem. Natürlich geht es um Geld. Nutzer können über die App-Strores weiter Apps in das Fahrzeug laden. Apple z.b. verdient an jeder App 30%. Es geht also um Geld, viel Geld.

Was ist Android-Automotive und wie funktioniert es?

Die meisten kennen Apps wie Android Auto oder Apple CarPlay. Für diese Apps benötigt man zwingend ein Smartphone. Google-Automotive ist eine Software, die direkt in das Fahrzeug implementiert wird. Man benötigt kein Smartphone. Über den Google Playstore kann man sich weitere Apps direkt für das Fahrzeug runterladen. Google-Automotive geht noch einen Schritt weiter. Android Automotive erhält alle Sensordaten des Fahrzeuges. GPS, Geschwindigkeit, Akku-Zustand oder Tankfüllstand. Diverse Daten werden ausgewertet und können einem Telematics-System nicht unähnlich genutzt werden. Google-Automotive ist in der Lage, Steuerbefehle entgegen zu nehmen. Man kann dem Googleassistent sagen Schiebedach zu öffnen oder die Klimaanlage einzustellen etc.

Angekündigt wurde Google Automotive im Jahr 2017. 2019 wurde die erste API veröffentlicht. Im Jahr 2020 erschein mit dem Polestar 2 das erste Fahrzeug, welches mit Android Automotive ausgeliefert wurde. Viele weitere Fahrzeuge folgten und viele Konzerne haben angekündigt, Google-Automotive ab 2023 einsetzten zu wollen. Darunter Ford, GM, Volvo, Honda und weitere. Eigentlich auch Stellantis.

Aber diese haben sich jetzt sehr deutlich von der Idee distanziert. Im Falle einer Trennung sollte man freundlich mit seinem Partner umgehen. Besonders wenn es sich um eine langjährige Beziehung gehandelt hat. Nicht in diesem Fall. Laut einer Mitteilung von Stellantis ist die Customer Experience bei Android Automotive ungenügend. Die Google Software ist zu groß, schwer. Diese Aussage bezieht sich auf die Updates sowie die eigentliche Anwendung. Android-Automotive sei zu Hardware-Hungrig. Selbiges hat VW schon im Frühjahr geäußert. Laut Stellantis ist Android Automotive nicht besser als Android Auto oder Apple CarPlay (Aua). Stellantis möchte nun eine eigene Software konstruieren und in ihren Fahrzeuge einsetzten. 

Das ist sehr spannend. Ich bin mir recht sicher, das Stellantis selbiges hinbekommen kann. Denn ihnen hätte wohl auch niemand den neuen Fiat 500 zugetraut. Ein Elektrofahrzeug, welches in der Weltspitze zu Hause ist. Was die Software-Erfahrung, aber auch die Fahrzeugenschaften betrifft. Mit dem Neuen 500 hat Stellantis die Messlatte für Ev Fahrzeuge in der klasse der kleinen-Kompaktfahrzeuge verdammt hochgelegt.

Sehr spannend ist die Aussage, dass die neue Software schon in wenigen Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Scheinbar arbeitet Stellantis schon recht lange an der neuen Software.

Aber wir sehen gerade bei VW und VW.OS das es für Autohersteller eben nicht so leicht ist eine funktionierende Software auf den Weg zu bringen.

Wenn die Autohersteller jetzt dazu übergehen, ihre eigene Software zu bevorzugen, dann könnten die Tech-Konzerne auf die Idee kommen, eigene Fahrzeuge zu produzieren. Denn wenn wir zurückdenken, ich hatte früher Handys von Siemens (S35i) und Bosch (909). Wo diese Hersteller heute auf dem großen Markt der Smartphones mitspielen, wissen wir. Sie sind verschwunden.

Ich halte ein Miteinander der Autohersteller-Tech-Unternehmen für sinnvoller. Denn ein Apple oder Google Car könnte zu einer Konkurrenz werden, das einigen etablierten Herstellern wirklich Schwierigkeiten besorgen könnten. Am Ende bleibt Android Automotive noch Renault-Nissan-Mitsubishi. Diese Gruppierung ist zwar der größte „Kunde“ von Android Automitove aber eine strategische Ausrichtung auf einen großen Partner hat schon andere Dienste erledigt. Und wie schnell Google den Stecker zieht, sieht man an Stadia, Plus u.a.

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Markus