Die Antwort – warum Fitnesstracker und Smartwatches nicht perfekt messen

Immer wieder bekommen wir Fragen zugeschickt, warum Tracker X nicht die Schritte korrekt zählt oder Smartwatch Y bei den Kalorien offensichtlich falsch liegt. Warum das so ist, erkläre ich in diesem Artikel. Denn Fakt ist. Wearables werden niemals alle Werte korrekt erfassen können.

Mittlerweile habe ich Dutzende Fitnesstracker und Smartwatches getestet. Von richtig billig, bis richtig teuer ist wirklich alles dabei. Also mehr als genug Erfahrungen mit diversen Herstellern, verschiedenen Apps und genug Vergleichsmöglichkeiten bzw. professionellen medizinischen Geräten zum exakten Nachmessen.

Das hier soll keine wissenschaftliche Abhandlung werden, denn die Technik dahinter ist sehr komplex und nicht zuletzt die Berechnungsgrundlagen, mit denen die Hersteller versuchen die Werte zu ermitteln.

Auch in unserem Podcast sprechen wir immer wieder über dieses Thema und absolut zu empfehlen ist auf jeden Fall ein Blick ins unsere jeweils aktuelle Bestenliste für Wearables, die von uns permanent aktualisiert werden -> Link

Aber fangen wir doch mal vorne an.

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Wie arbeitet so ein Wearable eigentlich?

In jedem Tracker bzw. Smartwatch sind diverse Sensoren verbaut. Am offensichtlichsten die Pulssensoren an der Rückseite. Aktuell setzen die Hersteller hierbei auf grüne LEDs, was zwar Akku sparen soll, aber alles andere als optimal arbeitet. In der Medizin werden rote LEDs zur Erfassung genutzt. 

Die Bewegungen werden über sogenannte Gyrosensoren erkannt, wie sich auf in unseren Smartphones verbaut sind. Aktuell sind das meistens 3-Achsen Gyros, die also jede Bewegung im 3D Raum erfassen und auswerten können.Vereinzelt gibt es schon 6-fach Gyrosensoren, die natürlich noch feiner auflösen und noch besser die Bewegung erkennen können.

Einige Fitnesstracker und Smartwatches verfügen zusätzlich noch über ein GPS-Modul, um einen Streckenverlauf ohne Smartphone aufzuzeichnen. Nicht zu verwechseln mit A-GPS (Assisted GPS), welches vom ganzen Rest genutzt wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Wearable das GPS-Signal vom verbundenen Smartphone abgreift. Bedeutet, dass man sein Smartphone immer dabei haben muss, wenn man eine Strecke aufzeichnen möchte. Ist es nicht dabei oder (was öfter aus Angst vor Spionage passiert), das GPS blockiert wird, dann gibt es auch keine Aufzeichnung.

Viele hochwertige Wearables wie z.B. von Samsung oder Garmin besitzen zudem noch eingebaute Barometer, Höhenmeter usw.

Mehr ist das auch nicht mehr. Es ist die Kombination aus sämtlichen Sensoren und diversen Algorithmen, die uns anschließend passende Messwerte liefern sollen. Hierbei muss erwähnt werden, dass eher hochpreisige Modelle bessere Ergebnisse liefern, weil deren Hersteller sehr viel Mühe in die Apps stecken und die jeweiligen Berechnungsgrundlagen permanent verbessern.

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Schritte:

Größtes Problem scheint zu sein, dass wohl bei niemanden die Schritte richtig gezählt werden. Das ist auch kein Wunder, denn wo tragen wie so ein Wearable? Meistens am Arm, also weit weg vom Fuß. Wie erkennt der Tracker also die Schritte? Eigentlich nur anhand eines Bewegungsmuster des Arms. Wenn wir laufen, „schlenkern“ wir mit den Armen und unser Körper bewegt sich nach oben und unten. Genau diese Bewegung erkennen die Wearables mehr oder weniger gut und glauben einen Schritt erkannt zu haben.

Markus hat sich in diesen Artikel gezielt damit auseinandergesetzt -> Link

Stockwerke:

Meine Samsung Galaxy Watch (Testbericht) zählt z.B. auch Stockwerke, die ich gelaufen bin. Leider alles andere als perfekt, denn auch hier kommen die verschiedenen Sensoren zum Tragen. Zusätzlich noch der Höhenmesser. In der Theorie kann das eigentlich kein Problem sein, aber es fängt schon damit an, dass der Hersteller entscheiden muss, ab wie viel Meter Höhenunterschied ein neues Stockwerk erkannt wird. In der Regel sind das 3 Meter und genau da liegt das Problem. In Deutschland haben die Stockwerke meist zwischen 2,60 bis 2,80 Meter. Also weniger als diese 3 Meter und werden daher nicht gezählt.

Abhilfe würde hier schaffen, wenn man auf dem Weg nach oben am oberen Treppenabsatz die Hand in die Luft heben würde. Damit erreicht man die 3 Meter und das Stockwerk wird gezählt.

Schlaf:

Nächster Kritikpunkt sind oft die falschen Werte beim Schlafen. Jetzt einmal im Ernst. In einem Schlaflabor wird man mit diversen Geräten verkabelt, um exakte Werte zu erhalten. Wie soll ein Tracker am Arm unseren Schlaf oder besser noch die korrekten Schlafphasen erfassen? Hier kommen wieder die Bewegungssensoren und Pulsmesser in Kombination zum Einsatz.

Bewegt man sich nicht und der Puls geht etwas runter, dann denkt das Wearable, man würde schlafen. Weil anders kann es ei Wearable schlicht nicht erkennen. Es kann also durchaus passieren, wenn man etwas länger auf der Couch liegt und Fernsehen schaut, dass dieses als Schlaf erkannt und aufgezeichnet wird. Je mehr oder weniger man sich bewegt, umso tiefer weniger tief oder schläft man. Denkt zumindest das Wearable. 

Eher unruhige Schläfer werden demnach sehr wenige Tiefschlafphasen in der App sehen, obwohl sie diese durchaus haben oder umgekehrt liegt jemand wach und bewegt sich nicht und das Wearable denkt es wäre eine Tiefschlafphase.

Am Ende sollte man sich besser an seinem Gefühl orientieren, ob man gut geschlafen hat oder nicht.

Puls:

 In der Medizin wird der Puls automatisiert mit einer Klammer meist an der Fingerspitze gemessen oder manuell an der Innenseite des Unterarms, mit sanften Druck auf die Arterie, um die Pulswelle zu ertasten. Das alles kann ein Wearable nicht. 

Es fängt schon mal damit an, dass der Puls von den Wearables an der Oberseite gemessen wird. Meist sitzt das Armband dann auch noch recht locker, weil viele es nicht mögen, wenn es zu eng sitzt. Der Pulssensor hängt dann etwas in der Luft oder rutscht hin und her. Ideal für falsche Werte. Gerade wenn man sich beim Sport bewegt, wird das unweigerlich zu fehlerhaften Pulswerten führen. 

Gerade Menschen mit Herz-Kreislaufproblemen sollten sich niemals auf diese Werte verlassen. Abweichungen von bis zu 30% nach oben oder unten sind eher die Regel als die Ausnahme. 

SpO2:

Recht neu ist die Messung der Sauerstoffsättigung, über die ich in diesem Artikel ausführlicher beschrieben habe -> SpO2 Messungen am Wearable – der nächste schwachsinnige Trend

EKG:

In immer mehr Wearables ist die Erkennung bzw. Auswertung des EKG zu finden. Allen voran bei der Apple Watch. Hier gibt es aber dieselben Probleme wie bei der Pulsmessung. Zu locker sitzende Armbänder ode schon geringe Bewegungen bei der Messung können die Erkennung erschweren bzw. unmöglich machen. Zumal die Messung einem sehr einfachen 1-Kanal EKG entspricht und das ist alles andere als aussagekräftig.

Nur so nebenbei. Derzeit können die Wearables nur eine einzige Herz-Kreislaufstörung erkennen können und das ist das lebensgefährliche Vorhofflimmern.

Wer dieses spürt, wird in dem Moment ganz sicher andere Sorgen haben, als 30 Sekunden ruhig sitzen zu bleiben und die Messung zu starten.

Auch wenn man sich ein Wearable mit EKG zulegt, sollte man sich niemals auf diese Werte verlassen. Die Entwicklung steht noch ganz am Anfang und die Hersteller scheiben das auch sehr genau auf die Produktseiten und nehmen sich aus der Haftung.

Kalorien:

Es gibt wirklich Nutzer, die sich über die Kalorien Angaben beschweren. Dabei wird man niemals exakte Werte erhalten, denn niemand kann wirklich exakte Werte ermitteln. Es gibt weder exakte Tabellen noch zuverlässige Berechnungsgrundlagen.

Dafür ist der Kalorienverbrauch von zu vielen Faktoren abhängig wie Konstitution des Nutzers, Außentemperaturen, Intensität der Bewegungen und noch vieles mehr. Einfaches Beispiel. Es ist ein riesiger Unterschied, ob ich 1000 Meter eine Straße entlang spaziere oder 1000 Meter leicht bergauf. Wie soll das ein Wearable richtig erkennen? Selbst hochpreisige Modelle von Apple oder Garmin ermitteln hier unterschiedliche Kalorien, obwohl die Höhenmesser und GPS verbaut haben und daher sehr genau wissen, wo und wie man sich bewegt hat.

Liest man sich in das Thema ein, wird man sehr schnell lernen, dass diese Kalorien immer nur sehr ein grober Richtwert sind und auf diversen Tabellen mit Durchschnittswerten basieren. Und davon gibt es tausende. Es gibt leider nicht die eine große Tabelle, auf die alle zugreifen.

Kein Wearable der Welt wird das jemals alles erfassen und auswerten können. Daher können diese Werte nur als sehr, sehr grobe Richtwerte angesehen werden. 

Wie schon gesagt, soll dieses hier keine hoch wissenschaftliche Abhandlung sein, sondern einfach nur begreifbar machen, warum die Wearables nicht perfekt messen oder ermitteln. Es gibt zu viele Unbekannte und Unwägbarkeiten.

Am Ende gilt immer. Egal welcher Art von Bewegung und wie viel. Hauptsache man bewegt sich überhaupt und sollte die Wearables als Motivation sehen, sich jeden Tag ein bisschen mehr zu bewegen.

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Peter W.

2 Kommentare zu „Die Antwort – warum Fitnesstracker und Smartwatches nicht perfekt messen“

  1. Vielleicht sollte sich jemand der behauptet Puls würde an einer Vene gemessen mit der Beurteilung von medizinischen Messwerten und ihrer Interpretierbarkeit etwas zurückhalten.

    1. Wer frei von Fehlern ist, der werfe den ersten Stein…

      Habe den kleinen Fehler korrigiert und entschuldige mich dafür. Aber daraus gleich alles in Frage zu stellen, ist dann doch etwas drüber.

      Gruß
      Peter

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