Im Test habe ich die aktuelle Version des Marshall Minor III Semi-In-Ear Headset, welches sich laut Marshall auf das Wesentliche reduziert und sich auf den reinen Sound konzentrieren soll. Ist dem so oder doch wieder nur Marketing?
Marshall ist Kult. Da kann man fragen wen man will. Egal ob Musiker, Musikliebhaber oder Nicht-Auskenner. Marshall ist ein Name mit Renommee und das gilt auch für das Design. „Einen Marshall“ erkennt man von weitem und damit sind dann zumeist die Verstärker von Marshall gemeint. Den klassischen Marshall-Look tragen auch die Marshall Minor III, aber wie sieht es mit dem Rest aus? Die Marshall Minor III sind nicht neu aber die meisten Tests sind veraltet, weil sich mittlerweile einiges geändert hat. Es gibt eine App, einen hochwertigen Codec und verbesserte Treiber für den kleinen Bruder der Motif II ANC. Bei den Marshall Minor III hat sich Marshall laut Beschreibung auf das Wesentliche konzentriert, um sich voll auf den Klang zu konzentrieren. Was wurde weggelassen? Wo wurde gespart und zahlt sich das Abspecken am Ende aus? In unserer Bestenliste steht in dieser Preisklasse das Huawei Freebuds 5 (Testbericht) für den Vergleich bereit, die zwar etwas teurer sind, aber von der Bauart her ebenfalls ein Semi-In-Ear Headset.
Wie ich genau teste und worauf ich dabei so achte, habe ich hier im Detail beschrieben (Link zum Artikel). Natürlich bewerte ich auch solche Sachen wie Verarbeitungsqualität, Konnektivität mit Android und iOS, Tragekomfort usw. denn ich treibe auch Sport und trage sie dabei. Am Ende schreibe ich auf, was ich gut finde, was ok und was ich nicht gut finde. Wie immer sind das meine ganz persönlichen Eindrücke und gerade der Klang, aber auch die Akkulaufzeit hängt extrem vom eigenen Nutzungsverhalten und Hörgewohnheiten ab. Das auch mit einer der Gründe, warum wir unsere Testberichte eher kurz halten, denn niemand elend lange Texte lesen und daher konzentrieren wir uns auf besonders erwähnenswerte Merkmale.
Technische Daten Marshall Minor III:
- 12 mm Treiber
- 20 Hz – 20 kHz
- 93 dB ±3 dB
- Bluetooth 5.2
- Bluetooth Profile A2DP, AVRCP, HFP, HSP (was ist das?)
- Bluetooth Codec SBC, aptX (was ist das?)
- Freisprechfunktion
- Touchbedienung
- Trageerkennung
- Sprachassistenten
- spritzwassergeschützt nach IPX4 (was bedeutet das?)
- USB Typ-C
- Wireless Charge
- Fastcharge
- 4 g (pro Earpiece)
- 61 g (gesamt mit Case)
Produktseite: marshallheadphones.com/de/minor-iii
Deutsche Bedienungsanleitung: marshallheadphones.com/Marshall_Marshall_Minor_III_Anleitung.pdf
Erhältlich ist das Marshall Minor III TWS Headset in Cream, Burgundy oder schwarz zu einer UVP von 129 Euro. Bei Cyberport ist es für 95 Euro im Angebot*.
Was ich gut finde:
Packt man das Marshall Minor III aus, dann hat man neben dem Case mit den beiden innenliegenden Ohrstöpseln noch ein (sehr) kurzes USB-C Ladekabel und eine deutsche Kurzanleitung. Das Case besteht zwar aus Plastik, ist aber im klassischen Look von Marshall gehalten. Also diese Lederoptik und dem typischen Schriftzug. Wer Langeweile hat, kann probieren, das Case hinzustellen, denn das ist gar nicht so einfach. An der Vorderseite ist eine kleine LED zu sehen, die aber etwas zu dunkel ist. Gerade das blaue Blinken beim Verbinden ist kaum zu erkennen. An der Unterseite ist die USB-C Buchse und daneben die Taste zum Verbinden. Der Deckel ist zu Beginn etwas schwergängig, aber das gibt sich nach ein paar Tagen. Die Entnahme der Ohrstöpsel ist ein bisschen fummelig, aber sie werden magnetisch gehalten und fallen daher auch nicht einfach so aus dem Case, welches übrigens sehr kompakt ist.
Die beiden Ohrstöpsel der Marshall Minor III sind ebenfalls klassisch designt. Also die Schale mit der Touchfläche und der gängige Stil, der geriffelt ausgeführt ist. Sieht ein bisschen aus wie aus Stahl gefertigt, aber ist natürlich auch Plastik. Sieht irgendwie cool aus. Das Headset ist als Semi-In-Ear ausgeführt, ist also wie z.B. die AirPods 3 (Testbericht). Sie sitzen also in der Ohrmuschel und nicht direkt im Gehörgang wie ein klassisches In-Ear Headset. Der Tragekomfort ist sehr gut, was natürlich von der Anatomie des eigenen Ohr abhängig ist. Bei mir gibt es keinerlei Probleme, denn selbst bei Jumping Jacks, Burpees oder auf dem Laufband blieben sie an Ort und Stelle.
Im Inneren des Marshall Minor III werkelt ein Treiber mit 12 mm Durchmesser, an der Ohrschale ist dann noch eine Öffnung zu sehen, die als eine Art Bassreflexrohr fungieren soll. Es gibt eine wirklich gut funktionierende Trageerkennung und sogar den aptX Codec (was ist das?). Allerdings muss man dabei bedenken, dass auch das eigene Smartphone diesen unterstützen muss. Damit wären schon mal alle iPhones raus, denn die unterstützen nur die Apple-eigenen Codecs AAC, aber dazu komme ich später noch einmal. Aber selbst wenn das Smartphone den aptX Codec unterstützt, muss auch die Quelle der Musik die Qualität liefern, denn der hochauflösendste, beste Codec nützt rein gar nichts, wenn die Quelle nur eine Standardqualität liefert und die bekommt man nicht kostenlos. Somit wären auch alle Nutzer von kostenlosen oder den „kleinsten“ Abos bei den einschlägigen Streaminganbietern raus. Die ganze Kette aus Quelle, Smartphone und Headset muss zusammenpassen.
Das Marshall Minor III ist spritzwassergeschützt nach IPX4 (was bedeutet das?) und kann somit auch bei Regen getragen werden und auch starkes Schwitzen macht ihm nichts aus. Das gilt aber nur für die Ohrstöpsel, denn das Case ist ungeschützt, was aber normal ist. Achso, weil ich das tatsächlich schon ein paar mal gefragt wurde. Duschen sollte man mit einem In-Ear Headset auch nicht unbedingt, denn spritzwassergeschützt bedeutet nicht, dass man damit Duschen kann. Das hängt mit dem Wasserdruck zusammen. Regen hat keinen Druck, aber ein Wasserstrahl aus der Dusche durchaus und kann das Headset zerstören und natürlich sehen das die Hersteller an entsprechenden Markern im Inneren der Ohrstöpsel.
Oft wird beim Marshall Minor III das fehlende ANC bemängelt, was aber totaler Quatsch ist, denn wie soll ANC bei einem halboffenen Headset funktionieren? Da ist nichts, wo man etwas abschirmen kann. Wer ANC haben will, darf sich kein Semi-In-Ear Headset wie das Marshall Minor III kaufen. So einfach ist das. Dasgegen ist die Latenz erfreulich niedrig. Man sieht bzw. hört so gut wie keinen Versatz zwischen Bild und Ton bei Videos. Somit sollte das Marshall Minor III ein Stück weit auch zum Zocken geeignet sein.
Die Bedienung per Touch ist beim Marshall Minor III sehr einfach gehalten und damit auch nach wenigen Minuten in Fleisch und Blut übergegangen. Einmal drücken steuert Play und Pause. Doppeltes Tippen springt einen Titel nach vorne, dasselbe dreimal, springt wieder einen Titel zurück. In der App kann man noch das gedrückt halten links oder rechts aktivieren und damit dann bis zu drei Equalizer-Einstellungen umschalten oder den Sprachassistenten des Smartphones aktivieren. Das war es auch schon und dabei bemerkt man, wie gut das Headset die Eingaben erkennt und umgehend umsetzt. Sehr gut ist, dass es keine Rolle spielt, ob man beide Ohrstöpsel nutzt oder nur einen. Die Bedienung ist so oder so möglich, weil die wichtigsten Funktionen beidseitig ausgelegt sind.
Für einen Reset auf die Werkseinstellungen des Marshall Minor III steckt man die beiden Ohrstöpsel in das Case, lässt den Deckel offen und hält die Bluetooth-Kopplungstaste 10 Sekunden lang gedrückt, bis die LED lila leuchtet. Danach muss das Headset noch aus der Liste der Bluetoothgeräte gelöscht werden.
Bei den Marshall Minor III kommt die Marshall Bluetooth App (Android / iOS) zum Einsatz, die ebenfalls sehr einfach gehalten ist. Man sieht die Akkustände des Case und der beiden Ohrstöpsel, kann den Equalizer einstellen, der bis zu drei Presets speichern kann, bei dem verschiedene Voreinstellungen auswählbar sind, aber auf Wunsch auch an 5 Bändern selbst Hand angelegt werden kann. Wer möchte kann auch die dezenten Bestätigungstöne komplett deaktivieren, Firmwareupdates installieren oder von hier aus das Headset auf die Werkseinstellungen zurücksetzen. Mehr ist es auch nicht und ehrlich gesagt braucht es im Alltag auch nicht mehr.
Beim Thema Akkulaufzeit des Marshall Minor III gibt es überwiegend positives zu berichten. Bis zu 5 Stunden soll es laut Hersteller durchhalten. In der Praxis waren es bei mir, bei etwas gehobener Lautstärke bis zu 4 Stunden und 23 Minuten und damit ein wenig unter der Werksangabe, aber noch weitaus besser als z.B. beim Huawei Freebuds 5 (Testbericht). Zusammen mit dem Case sind es dann aber weit über 23 Stunden, denn beide Ohrstöpsel können dann insgesamt noch viermal komplett aufgeladen werden. Erfreulicherweise lässt sich das Case auch kabellos per Qi aufladen, sofern ein entsprechendes Ladepad vorhanden ist. Dank Fastcharge sollen 15 Minuten aufladen am Kabel für bis zu 1,5 Stunden Musikwiedergabe ausreichen. Im Test waren es 1 Stunde und 17 Minuten.
Und wie klingt das Marshall Minor III? Marshall steht für einen eher rockigen Klangcharakter und das hört man auch gut heraus. Die Bässe sind zwar nicht so tief und ausgeprägt, aber durchaus vorhanden und kommen gut zur Geltung. Wer auf wummernde Bässe steht, muss sich anderweitig umschauen, oder am Equalizer drehen, womit aber ein ganzes Stück der wunderbaren Präzision verloren geht. Die Mitten sind die eindeutigen Stärken des Headsets mit einer neutralen Abstimmung, die aber Sängern und Sängerinnen die nötige Fülle verleihen. Eine Adele klingt wirklich nach Adele und auch Michael Jackson weiß zu überzeugen. Lediglich die Höhen sind mit einen Ticken zu vordergründig, was sich vor allem bei höheren Lautstärken durch zischeln bemerkbar macht. Dem kann man aber durch ein minimales herunter regulieren im Equalizer sehr schnell und einfach in den Griff bekommen.
Wirklich überzeugen kann aber die Räumlichkeit und Tiefe des Raumes. Für ein Semi-In-Ear Headset ist das wirklich phänomenal gelungen und man wundert sich jedesmal, wie weit das Marshall Minor III die Musik ertönen lässt. Mein Tipp sind entsprechende Titel von z.B. Deep Purple oder Orchestern mit geschlossenen Augen zu hören. Das löst bei mir Begeisterung pur aus und das, obwohl ich normalerweise auf elektronische Musk stehe. Funktioniert zwar auch mit dem Marshall Minor III, aber begeistert lange nicht so sehr wie eben Rockmusik, wofür Marshall eben auch steht. Ich liebe es. Die maximale Lautstärke ist zwar nicht höchste, aber durchaus ausreichend. Bei Telefonaten gibt es nichts zu beanstanden. Man selbst wird gut verstanden, auch wenn ab und zu mal Windgeräusche zu hören sein sollen, aber das Gegenüber ist gut zu verstehen.
Was ich nicht gut finde:
Leider gibt es auch ein paar Schattenseiten beim Marshall Minor III. Das fängt schon beim Verbinden an. Dabei spielt es keine Rolle, ob man mit iOS auf dem iPhone oder Android verbinden möchte. Man öffnet das Case und hält die Taste zum Verbinden an der Unterseite des Case so lange, bis die LED blau blinkt, was allerdings schwer zu erkennen ist. Dann erscheint sowohl bei iOS und Android in den Bluetooth-Einstellungen bzw. FastPair bei Android. So weit, so normal. Die Verbindung wird hergestellt, um dann wenige Sekunden später wieder unterbrochen zu werden. Also die bereits erwähnte App installiert und darüber probiert. Darüber klappt die Verbindung unter iOS auf Anhieb und bleibt dann auch stabil. Auf meinem Pixel 7a wollte es aber ums verrecken verbunden bleiben. Erst nach einem Neustart des Smartphones hielt dann auch unter Android die Verbindung. Allerdings passierte das mit dem Verbindungsproblem alle paar Tage und das nervt einfach nur. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Warum gibt es kein Multipoint (was ist das?) Das Marshall Minor III kann immer nur mit einem Gerät verbunden sein. Selbst deutlich günstigere Modelle beherrschen die Verbindung zu zwei Geräten gleichzeitig. Hier wurde an der falschen Stelle gespart. Offensichtlich wurde auch bei den Codecs (an der falschen Stelle) gespart, denn es fehlt der AAC Codec von Apple. Das ist eigentlich die Minimalstanforderung, die selbst von 3 Euro Headsets auf Wish mit an Bord haben. Fehlt beim Marshall Minor III und daher nutzen alle iPhones den lahmen SBC Standard-Codec und das ist der schlechteste Codec überhaupt, weil kleinster gemeinsamer Nenner bei den Codecs, der uralt ist. Echt schade, denn so teuer kann das nicht sein. Hier hat Marshall definitiv an der falschen Stelle gespart und sehr viel Potential verschenkt.
Fazit:
Ist das Marshall Minor III empfehlenswert? Ja und zwar für alle Fans von Rockmusik, die nicht den abgrundtiefen Bass suchen oder maximale Lautstärken, vor denen jeder Ohrenarzt warnen würde. Das Marshall Minor III steht für einen eher neutralen, rockigen Klangcharakter, der mit seiner sehr weiten Bühne und Tiefe brillieren und begeistern kann. Für diese Art von Musik ist das Marshall Minor III das mit Abstand beste Headset, welches man für um die 100 Euro aktuell kaufen kann. Natürlich ist der große Bruder Motif II ANC noch besser, aber eben auch doppelt so teuer und ein In-Ear Headset, was nicht jeder mag. Es gibt zwar dunkle Flecken auf der ansonsten weißen Weste wie das fehlende Mutlipoint oder dass es nicht einmal den AAC-Codec von Apple unterstützt, aber das spielt am Ende keine große Rolle, denn der Klang, die Verarbeitung, die eingehende Bedienung und sehr gute Akkulaufzeit wissen zu überzeugen und somit werde ich das Marshall Minor III neben dem Huawei Freebuds 5 (Testbericht) in die Bestenliste mit aufnehmen und natürlich auch das Gütesiegel vergeben.
Offenlegung: Mobi-test.de hat dieses Gerät auf Anfrage von Cyberport.de als Leihgabe erhalten. Unsere Berichterstattung ist davon nicht beeinflusst und bleibt gewohnt neutral und kritisch. Der Artikel ist, wie alle anderen auf unserem Portal, unabhängig verfasst und unterliegt keinerlei Vorgaben Dritter; diese Offenlegung dient der Transparenz.
Marshall Minor III
Zusammenfassung
+ sehr gute Verarbeitung
+ sehr einfache Bedienung
+ sehr guter Tragekomfort
+ sehr guter Klang
+ gute Akkulaufzeit
+ Trageerkennung
+ aptX Support
+ Wireless Charge
– Probleme mit der Verbindung unter Android
– kein Multipoint
– kein AAC