Schon etwas älter, aber noch lange nicht zum alten Eisen gehört das Harman Kardon FLY ANC, welches ich mir für einen Test gekauft habe. Wie schlägt es sich gegen die Konkurrenz und wieviel Harman Kardon steckt wirklich drin?
In der letzten Zeit habe ich ja auf der Suche nach dem ultimativen Over-Ear Headsets mit ANC zum Preis von um die 100 Euro so einiges durchprobiert. Von No-Name bis zum Markenprodukt wie das Sony WH-XB910N (Testbericht) oder aber auch mein aktueller Preis/Leistungsfavorit Sony WH-CH710N (Testbericht) ist so einiges vertreten, die man hier nachlesen kann.
Wie ich genau teste und worauf ich dabei so achte, habe ich hier im Detail beschrieben -> (Link zum Artikel). Natürlich bewerte ich auch solche Sachen wie Verarbeitungsqualität, Konnektivität mit Android und iOS, Tragekomfort usw. denn ich treibe auch Sport und trage sie dabei. Am Ende schreibe ich auf, was ich gut finde, was ok und was ich nicht gut finde.
Wie immer sind das meine ganz persönlichen Eindrücke und gerade der Klang, aber auch die Akkulaufzeit hängt extrem vom eigenen Nutzungsverhalten und Hörgewohnheiten ab. Das auch mit einer der Gründe, warum wir unsere Testberichte eher kurz halten, denn niemand elend lange Texte lesen und daher konzentrieren wir uns auf besonders erwähnenswerte Merkmale.
Technische Daten Harman Kardon FLY ANC:
- 40 mm Treiber
- 16 Hz – 22 kHz
- 100 dB ±3 dB
- Bluetooth 4.2
- Bluetooth Profile A2DP, AVRCP, HFP (was ist das?)
- Bluetooth Codec AAC, SBC (was ist das?)
- Freisprechfunktion
- ANC
- Multipoint Multipoint (was ist das?)
- Sprachassistenten
- Mikro-USB
- 282 g
- 700 mAh
- Fastcharge
Produktseite: harmankardon.de/FLYANC
Deutsche Bedienungsanleitung: harmankardon.com/HK_FLY_ANC_QSG_App_Multilingual.pdf
Erhältlich ist das Harman Kardon FLY ANC Over-Ear Headset in schwarz zu einer UVP von 129,99 Euro. Bei Amazon* ist es aber schon zum Preis von 89,99 Euro zu haben. Ich habe es in den Amazon Warehouse Deals für 64,86 Euro gebraucht gekauft.
Was ich gut finde:
Packt man das Harman Kardon FLY ANC aus, dann sieht man zuerst einmal ein wirklich hochwertiges Case. Kein Kunstlederbeutel, sondern ein echtes Hardcase, in dem sich neben dem Micro-USB Ladekabel noch ein 2,5 mm Audiokabel, ein Airline-Adapter und eine deutsche Kurzanleitung. Bei dem Klinkenkabel muss man gleich dazu sagen, dass es nur an der einen Seite am Headset 2,5 mm hat. Am anderen Ende ist es ein Standard 3,5 mm Stecker.
Nimmt man das Headset in die Hand, dann merkt man direkt, dass man hier etwas hochwertiges in der Hand hält. Es ist zwar viel Plastik und Kunstleder, aber das geht eben auch in sexy und hochwertig. Der Kopfbügel ist damit rundum bezogen und ist dank der Polsterung angenehm zu tragen. Überhaupt ist der Tragekomfort sehr gut, denn auch der weite Verstellbereich mit der schönen Rasterung und den weichen Ohrpolstern tragen dazu bei. Das Scharnier macht ebenfalls einen sehr hochwertigen Eindruck und erlaubt es, das Harman Kardon FLY ANC platzsparend zusammen zu klappen. Um links und rechts nicht zu verwechseln, sind große Lettern im Inneren der Ohrpolster aufgedruckt.
Die beiden Kappen, mit dem Harman Kardon Schriftzug in Silber, sind ebenfalls mit Kunstleder bezogen. Auf der linken Seite findet man die LED , die Micro-USB Buchse und eines der Mikrofone. Wer sich über den Mikro-USB mokiert sollte bitte bedenken, dass das Harman Kardon FLY ANC schon etwas länger auf dem Markt ist und es absolut kein Nachteil ist. Denn trotz Micro-USB hat das Harman Kardon FLY ANC eine Schnellladefunktion.
Auf der rechten Seite sind dann alle Tasten zu finden und das sind einige. Zuerst der Schiebeschalter, mit dem sich das Headset Ein- und Ausschalten lässt. Beim Einschalten geht das Harman Kardon FLY ANC direkt in den Kopplungsmodus. Darunter dann die beiden Tasten mit einem geprägten „+“ und „-“ zum steuern der Lautstärke. Dazwischen die runde Multifunktionstaste. Weiter mit der 2,5 mm Klinkenbuchse und zwei weitere Tasten. Eine Bluetooth-Taste, über die man weitere Geräte verbinden kann und die ANC-Taste. Das klingt etwas viel, ist aber im Alltag echt einfach zu ertasten und zu bedienen.
Für einen Reset auf die Werkseinstellungen hält man die Leiser- und die Lauter-Taste für mehr als 5 Sekunden gedrückt.
Für mich als Brillenträger ist der Tragekomfort selbst nach vielen Stunden sehr gut. Nichts drückt oder wird gar schmerzhaft. Allerdings wird es darunter sehr warm. Das ist eben der Preis für eine gute Dämpfung auch ohne ANC. Wer eine Innenbelüftung will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Leider sind die Ohrpolster nicht wechselbar.
Im Inneren des Harman Kardon FLY ANC werkeln Treiber mit einem Durchmesser von 40 mm, die einen weiten Frequenzbereich von 16 Hz bis hinauf zu 22 KHz zu Gehör bringen können. Zumindest in der Theorie. Beim Bluetooth kommt das, mittlerweile überholte, Bluetooth 4.2 zum Einsatz, aber wer hier mäkelt, sollte es mal live erleben, denn die Reichweite ist trotz allem enorm, was auch für die Stabilität gilt. Dank Multipoint kann man zwei Geräte gleichzeitig verbinden, aber hier gibt es ein paar Probleme, die ich weiter unten näher beschreibe.
Das Harman Kardon FLY ANC kann man mit der My harman/kardon Headphones App (iOS / Android) verbinden und weitere Einstellungen vornehmen. Viele sind es nicht und diese Verbindung hakt ab und an mal, aber mal kurz die App neu starten hilft immer. Es gibt einen Equalizer mit drei Voreinstellungen, die man jeweils anpassen kann. Wer möchte, kann sich eigene Presets erstellen, was auch nötig ist, wie ich beim Klang beschreiben werde. Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit zum Firmware Update und das ANC ein- und auszuschalten.
Apropos ANC. Dieses ist zwar nicht mit dem ANC eines Sony WH-1000XM5 (Testbericht) vergleichbar aber richtig gut. Allerdings machen die dicken Ohrpolster schon ein gutes ANC und aktiviert man das ANC, dann wird es angenehm still. Vorbeifahrende Autos oder auch die Kollegen sind zwar noch zu hören, aber soweit gedämpft, dass es nicht mehr wirklich stört. Einen Ambient-Modus gibt es nicht, aber mit deaktivierten ANC kann man noch ganz gut hören, was um einen herum passiert. Viel nerviger ist aber das Fehlen einer Trageerkennung.
Beim Akku des Harman Kardon FLY ANC gibt es hingegen nur positives zu berichten. Bis zu 20 Stunden sollen es mit aktiven ANC sein. Diese Angabe habe ich trotz gehobener Lautstärke mühelos überschritten und zwar genau 22 Stunden und 35 Minuten. Deaktiviert man es, sollen es noch mal 10 Stunden mehr sein. Viel wichtiger ist aber, dass man das Harman Kardon FLY ANC schnell aufladen kann. So sollen man in nur 15 Minuten Saft für bis zu 2,5 Stunden aufladen können. In der Praxis waren es mit ANC und gehobener Lautstärke 1 Stunde und 48 Minuten. Leider schaltet sich das Headset ab, sobald man das Ladekabel anschließt. Musik hören und Laden gleichzeitig ist leider nicht möglich, aber das ist bei den allermeisten so.
Und wie klingt der Harman Kardon FLY ANC? Richtig gut…zumindest zu Beginn meiner Test-Playlist mit einem eher jazzigen Titel. Es öffnet sich ein sehr großer Raum mit einer sehr breiten und vor allem tiefen Bühne. Wow. Der Mitteltonbereich ist für diese Preisklasse einfach nur gut. Angenehm voluminös aber trotzdem nicht zu massig und der läuft in einen wunderschön aufgelösten Hochtonbereich über. Allerdings fangen die ganz hohen Töne bei maximaler Lautstärke leicht das nerven an. Einen Ticken zu vorlaut für meinen Geschmack, aber den kann mit dem Equalizer beikommen. Dann klingt es echt bombig. Und dann kamen beim nächsten Titel die Bässe. Etwas zu viel des Guten. Vielen wird es gefallen, aber mir sind die einfach zu heftig. Auch hier hilft der Equalizer. Etwas herunter geregelt, klingt es dann schön fett und passt zum Rest. Den typischen, sehr linearen und harmonischen Harman Kardon Klangcharakter bekommt man, sobald man mit dem Equalizer arbeitet, aber der Harman Kardon FLY ANC macht wirklich Spaß.
Was ich nicht gut finde:
Leider gibt es keine hochwertige Codecs wie aptX (was ist das?). Allerdings muss man dazu wissen, dass auch das Smartphone diesen Codec unterstützen muss und auch der Streaminganbieter muss diese Qualitäten liefern, wie ich hier ausführlich beschrieben habe. Bei einem so guten Headset wie dem Harman Kardon FLY ANC gehört ein hochwertiger Codec einfach dazu, genauso eine Trageerkennung. Die fehlt mir sehr, denn sie man die Nutzung im Alltag deutlich einfacher.
Weiter oben habe ich schon von den Problemen mit dem Multipoint geschrieben. Zwar kann ich problemlos mein iPhone und mein iPad oder auch mal mein Laptop verbinden, aber das Harman Kardon FLY ANC schaltet nicht immer zur aktuellen Audioquelle um. Schaue ich auf dem iPad einen Film und es kommt ein Anruf rein, dann funktioniert die Umschaltung, aber starte ich stattdessen auf dem iPhone einen Podcast (wie unseren), dann bleibt das Headset weiter auf dem iPad. Ich muss erst die Verbindung zum iPad trennen, damit es auf das iPhone umschaltet. Dasselbe übrigens auch, wenn ich statt meinem iPhone 13 Pro mein Pixel 6a verbinde. Es liegt also nicht an iOS.
Fazit:
Ist der Harman Kardon FLY ANC empfehlenswert? Ja und wie. Preislich spielt er laut UVP zwar eine Klasse höher, aber da er bereits einige Zeit auf dem Markt ist, bekommt man ihn immer unter 100 Euro und damit ist er ein Kandidat für meine Testreihe geworden. Er hat sich direkt an die Spitze in meiner Beliebtheit gesetzt und so habe ich direkt noch einen zweiten für meine Frau geordert. Damit ist das Gütesiegel gesichert. Für mich hat der Harman Kardon FLY ANC ein wirklich hervorragendes Preis/ Leistungsverhältnis, auch wenn er nicht perfekt ist. Aber das Gesamtpaket stimmt.
Offenlegung: Mobi-test.de hat dieses Gerät auf eigene Kosten bei Amazon gekauft. Es wurde nicht vom Hersteller bzw. Onlineshop als Leihgabe bzw. als Geschenk zur Verfügung gestellt. Diese Offenlegung dient der Transparenz.
Harman Kardon FLY ANC
Zusammenfassung
+ sehr gute Verarbeitung
+ guter Tragekomfort
+ sehr gute Akkulaufzeit
+ gutes ANC
+ guter Klang
+ Schnellladefunktion
– Multipoint mit Aussetzern
– Bass zu prägnant
– keine hochwertigen Codecs
– keine Trageerkennung