Ich habe den Shure AONIC 40 im Test, einem neuen Over-Ear Headset mit aptX HD, adaptiven Noise-Canceling im gehobenen Preissegment. Aber ist es auch sein Geld wert? Das finde ich heraus.
Wer ein hochwertiges Headset sucht, wird oft genug über die üblichen Verdächtigen wie Bose, Bang & Olufsen (Testbericht) oder Bowers & Wilkins (Testbericht) im Kopf. Shure ist eher ein Geheimtipp, wenn man sich etwas mehr mit dem Thema High-End Over-Ear Headsets beschäftigt. Ich selbst kenne Shure, hatte die aber bislang nicht auf dem Schirm, da ich diese Marke immer nur mit sündhaft teuren Ober-High-End verbunden habe. Erst mit der Vorstellung des Shure AONIC 40 wurde, habe ich mal genauer hingeschaut, denn preislich liegen die genau zwischen den Sony WH-XB910N (Testbericht) und dem Sony WH-1000XM4 (Testbericht). Grund genug ein Testgerät anzufragen und tatsächlich habe ich eines in der Farbe schwarz für 3 Wochen zur Verfügung gestellt bekommen.
Wie immer bewerte ich auch solche Sachen wie Verarbeitungsqualität, Konnektivität mit Android und iOS, Tragekomfort usw. denn ich treibe auch Sport und trage sie dabei. Am Ende schreibe ich auf, was ich gut finde, was ok und was ich nicht gut finde. Natürlich sind das meine ganz persönlichen Eindrücke und gerade der Klang, aber auch die Akkulaufzeit hängt extrem vom eigenen Nutzungsverhalten und Hörgewohnheiten ab. Das auch mit einer der Gründe, warum wir unsere Testberichte eher kurz halten, denn niemand elend lange Texte lesen und daher konzentrieren wir uns auf besonders erwähnenswerte Merkmale. Wie ich genau teste und worauf ich dabei so achte, habe ich hier im Detail beschrieben -> Link
Technische Daten Shure AONIC 40:
- 40 mm Treiber
- 20 Hz – 20 kHz
- 94,7dB ±3 dB
- Bluetooth 5.0
- Bluetooth Profile A2DP, AVRCP, HFP, HSP (was ist das?)
- Bluetooth Codec AAC, SBC, aptX, aptX HD (was ist das?)
- Freisprechfunktion
- Adaptives ANC
- Sprachassistenten
- Multipoint (was ist das?)
- spritzwassergeschützt nach IPX5 (was bedeutet das?)
- USB Typ-C
- 2,5 mm Aux-In
- 314 mAh
- Schnellladefunktion
Produktseite: shure.com/de-DE/aonic40
Deutsche Bedienungsanleitung: shure.com/Shure-AONIC_40_SBH2240_de-DE.pdf
Erhältlich ist das Shure AONIC 40 Over-Ear Headset in weiß oder schwarz bei Amazon* zum Preis von 215 Euro.
Was ich gut finde:
Im Lieferumfang des Shure AONIC 40 ist neben dem Headset als solches noch ein Hardcase, ein USB Typ-C Ladekabel, ein Klinkenkabel und eine deutsche Kurzanleitung. Das Case ist äußerst knapp bemessen, was auf Reisen echt praktisch ist, weil kompakt, aber gerade am Anfang muss man öfter mal einen Blick auf die innenliegende Anleitung werfen, wie man das Headset falten muss, damit es in das Case passt. Aber das ist nur eine Kleinigkeit und beim dritten mal hat man es drin. Darin liegen dann auch die Kabel, Beim Klinkenkabel muss man dazu sagen, dass am Headset selbst eine 2,5 mm Buchse zu finden ist. Das ist eher selten und meines Wissen nach, nutzt nur JBL diese Größe. Aber das Kabel hat die passenden Stecker, also an einem Ende 3,5 mm und am anderen Ende eben diese 2,5 mm.
Das Over-Ear Headset ist wirklich hervorragend verarbeitet. Obwohl die Ohrschalen aus Kunststoff sind, ist der Gesamteindruck sehr hochwertig. Auf Augenhöhe z.B. mit dem Bose Noise Cancelling Headphones 700 im Test (Testbericht) oder dem Sony WH-1000XM4 (Testbericht). Das liegt unter anderem an dem sehr weichen Kopfpolster und der sehr angenehmen Ohrpolster. Da die Bügel in alle Richtungen in weiten Bereichen verstellbar sind, ist der Tragekomfort selbst nach vielen Stunden einfach nur hervorragend. Klar merkt man, dass man da was auf dem Kopf hat, aber der Bügel drückt nicht, wie bei anderen Headsets und macht es wirklich sehr angenehm. Die Tasten haben gute Druckpunkte und sind gut erreichbar. Durch vernünftige Abstände und Oberflächen sind diese auch sehr einfach unterscheidbar. Damit man das Headset auch richtig aufsetzt, sind innen schöne große „L“ und „R“ eingedruckt. Dahinter werkeln Treiber mit 40 mm Durchmesser und ist damit klassenüblich. Genauso das mehrstufige ANC, Multipoint und was man noch so erwarten würde.
Bei den Bluetooth Codecs gibt es neben den üblichen AAC und SBC noch aptX und aptX HD (was ist das?). Das ist nett, aber wird oft bemängelt, warum nicht noch bessere Codecs verwendet werden. Im Mobi-Test Audiokolleg „Headsets und Codecs“ haben wir dieses Thema ausführlich besprochen, denn was viele nicht wissen ist die Tatsache, dass auch das Smartphone oder Tablet dieses Codecs unterstützen muss. Wenn nicht, kann da sonstwas verbaut sein, es wird einfach nicht genutzt. Bestes Beispiel ist das iPhone. Egal welches Modell, es gibt nur AAC. So wird auch beim Shure AONIC 40 auf meinem iPhone 12 Pro nur AAC aktiviert, obwohl es aptX HD beherrscht. Dieses wurde erst aktiviert, als ich mein OnePlus Nord CE verbunden habe. Dazu kommt, dass die meisten kein extra Abo für High-Res Audio beim Streaming-Anbieter nutzen und als Quelle nicht einmal annähernd AAC ausnutzen.
Viel wichtiger ist meiner Meinung nach das Vorhandensein von Multipoint, womit man mit zwei Geräten gleichzeitig verbunden sein kann. So bin ich mit meinem iPhone und meinem iPad verbunden. Ich schaue auf dem iPad einen Film und kommt nun auf dem iPhone ein Anruf rein, schaltet das Headset automatisch auf das iPhone um, ich kann telefonieren und danach schaltet das Headset automatisch wieder auf das iPad und startet die Wiedergabe. Dabei ist die Reichweite mehr als erstaunlich. Auf der Wache haben wir einen sehr langen Flur. Mein iPhone liegt im Büro, während ich mich davon entferne. Den kompletten Flur, das sind ca. 16 Meter und dann noch mal um die Ecke und die Verbindung steht immer noch. Das hängt natürlich von den baulichen Gegebenheiten ab. aber es ist schon heftig. Testweise bin ich zu Hause mal zum Briefkasten gelaufen. Dieser ist Luftlinie gute 50 Meter entfernt. Das iPhone bleibt im Wohnzimmer liegen. Also ab nach draußen bis auf vereinzelte Holperer bei der Wiedergabe im Treppenhaus ist die Verbindung stabil gehalten worden. Eine weitere Besonderheit ist der USB-Modus z.B. für PCs und Laptops. Das Headset wird direkt erkannt und kann für Konferenzen genutzt werden. In der App kann entschieden werden, ob es dabei geladen werden soll oder nicht.
Dabei kann man auch gleich das Thema mit dem ANC abhaken. Es ist per Taste in drei Stufen schaltbar, wobei man die Stufen in der App nochmal feiner abstufen kann. So kann man im Umgebungsmodus stufenlos einstellen, wie stark die Umgebung eingeblendet wird und das funktioniert richtig gut. Auf Augenhöhe mit dem Huawei FreeBuds Studio (Testbericht) und ist der von mir am meisten genutzte Modus, da ich zu Hause und auf der Wache mitbekommen will und auch muss, was um mich herum passiert. Bei aktivierter Geräuschunterdrückung kann man aus drei Stufen wählen. Auf „Max“ ist es wirklich still um einen herum und steht dem ANC eines Sony WH-1000XM4 (Testbericht) oder Bose Noise Cancelling Headphones 700 (Testbericht) in nichts nach. Gerade unterwegs muss man mit dem ANC echt aufpassen, weil man wirklich so gut wie nichts mehr hört. Auch keine Autos.
Kommen wir zur App. Diese nennt sich ShurePlus PLAY (Android / iOS) und bietet neben den bereits angesprochenen Einstellungen zum ANC noch einen ausgewachsenen Equalizer einrichten. Mit diversen Voreinstellungen und natürlich auch einen manuellen, dessen Einstellungen gespeichert werden können. Im Gegensatz zu vielen anderen ist der aber wirklich brauchbar, da man die einzelnen Frequenzen auch in der Bandbreite einstellen kann. Wie immer, ist dieser Equalizer bei mir aber für den Test deaktiviert, um eine direkte Vergleichbarkeit zu schaffen. Ansonsten kann man noch ein paar Einstellungen bezüglich Laden, Benachrichtigungen und der Sprache vornehmen.
Beim Thema Akku kann das Shure AONIC 40 mehr als überzeugen, denn auf der Homepage liest man etwas von 25 Stunden. Diese Angabe habe ich bei etwas höheren Lautstärken und maximalen ANC locker überboten. Erst nach 36 Stunden und 12 Minuten war der Akku leer. Ohne ANC waren es sogar 41 Stunden und 43 Minuten ohne Pause. Dank Schnellladefunktion sollten 15 Minuten ausreichen, um danach 5 Stunden zu hören. Auch diese Angabe konnte ich ohne ANC spielend überbieten.
Und wie klingt der Shure AONIC 40? Absolut ausgewogen. Keine künstlich aufgepumpten Bässe, keine nervigen Höhen. Schlicht, sauber, ehrlich. Diese drei Prädikate fallen mir zum Klangcharakter ein und das ist absolut positiv gemeint. Denn Bass gibt es mehr als genug, aber von der angenehmen Sorte, die so wundervoll in die Musik einfügt. Das gilt auch für die Mitten, die Frauenstimmen wie der von Adele die perfekte Portion Volumen verleiht. Echt irre und hört sich einfach nur fantastisch an. Ganz oben gibt es unaufdringliche Höhen, die Spaß machen und zum Rest passen. Das alles äußerst unaufgeregt, mit ordentlich Pegel, noch mehr Luftigkeit und einer schönen Weite des Raumes. Klanglich spielt das Shure AONIC 40 ganz oben mit, auch wenn es nicht das lauteste seiner Art sein wird, aber selbst bei maximaler Lautstärke verzerrt rein gar nichts. Es bleibt absolut souverän und überzeugt klanglich auf ganzer Linie.
Auch bei Telefonaten fällt die wirklich hervorragende Sprachqualität auf. Selbst wenn ich auf der Terrasse der Wache stehe und damit an einer der am meisten befahrenen Straßen Frankfurts, bekommt das mein Gegenüber so gut wie nicht mit, denn auch bei den Mikrofonen funktioniert die Geräuschfilterung vorzüglich. Selbstredend gilt das auch für die Stimmen der Anrufer bzw, von einem selbst. Perfekt ist hier das Einzige, was mir einfällt.
Was ich nicht gut finde:
Das es keine Trageerkennung gibt. Diese Funktion darf bei einem Headset dieser Preisklasse einfach nicht fehlen. Setze ich das Headset kurz ab, läuft die Wiedergabe weiter. Klar kann das auch mal nerven, aber dann lässt man den Nutzer in der App entscheiden, ob diese Funktion aktiviert werden soll oder nicht. Mir fehlt diese Trageerkennung und da es diese mittlerweile auch schon in der 50-Euro-Klasse etabliert hat, muss ich diesen Punkt hier aufführen.
Bei der Shure Play App gefallen mir zwei Dinge nicht. In Verbindung mit dem Shure AONIC 40 scheint man nicht die Tastenbelegung ändern zu können, denn weder auf meinem iPhone 12 Pro noch meinem OnePlus Nord CE konnte ich diese ändern. Zwar ist der Menüpunkt vorhanden und ich kann alle Tastenbelegungen sehen, aber ich kann diese eben nicht ändern. Weder drücken, schieben oder sonstwas und auch die Anleitung erläutert dieses nicht wirklich. Auch der Musikplayer ist leider nur halb zu gebrauchen, da dieser nur lokal auf dem Gerät gespeicherte Musik nutzen kann. Playlisten von Apps wie Spotify können nicht gesteuert werden.
Fazit:
Ist das Shure AONIC 40 Over-Ear Headset empfehlenswert? Ja und das mit Ansage, denn das Gütesiegel ist mehr als verdient. Ja, es ist nicht ganz billig, aber es spielt in einer Liga mit deutlich teureren Konkurrenten wie dem Sony WH-1000XM4 (Testbericht), den Huawei FreeBuds Studio (Testbericht) oder Bose Noise Cancelling Headphones 700 (Testbericht). Klanglich fantastisch, ANC fantastisch, Verbindungsqualität fantastisch, Akkulaufzeit fantastisch, Equalizer fantastisch, Herz, was willst du mehr? Ok, die fehlende Trageerkennung schmerzt, aber der Rest gleicht dieses Manko mehr als aus und daher gibt es das Gütesiegel und das Shure AONIC 40 ist damit mit das Beste jemals von mir getestete Over-Ear Headset und hält Einzug in unsere Bestenliste.
Offenlegung: Mobi-test.de hat dieses Gerät auf Anfrage vom Hersteller als Leihgabe erhalten. Unsere Berichterstattung ist davon nicht beeinflusst und bleibt gewohnt neutral und kritisch. Der Artikel ist, wie alle anderen auf unserem Portal, unabhängig verfasst und unterliegt keinerlei Vorgaben Dritter; diese Offenlegung dient der Transparenz.
Shure AONIC 40
Zusammenfassung
+ sehr gute Verarbeitung
+ sehr guter Tragekomfort
+ sehr guter, neutraler Klang
+ sehr gute Sprachqualität
+ sehr gutes ANC
+ sehr gute Verbindungsqualität
+ gute Akkulaufzeit
+ Multipoint
– Tastenbelegung lässt sich nicht ändern
– keine Trageerkennung